: Stress und aggressive Krankheitskeime im Weltall
Astronauten sind besonderen Risiken ausgesetzt. So können durch Schwerelosigkeit und Weltraumstrahlung Krankheitskeime infektiöser werden
Europäische Forscher bereiten sich auf künftige bemannte Raumfahrtmissionen zum Mars vor. Schon bei der Ausschreibung für neue Astronauten war der Flug zum Mars als eine mögliche Mission genannt worden. Jetzt traf sich in München eine internationale Forschergruppe, um für die Europäische Raumfahrtorganisation ESA unter anderem zu klären, welche Risiken mit einer so weiten und langen Reise verbunden sind.
Zur Vorbereitung künftiger Marsmissionen wollen Forscher die Ursachen für den extremen Stress bei Raumflügen und die damit möglicherweise verbundenen Krankheiten genauer untersuchen. Zur Gruppe gehören unter anderem Ärzte, Grundlagenforscher, Ingenieure und Strahlenbiologen.
„Flüge ins All sind für die Raumfahrer ein besonderer, in der Entwicklung des Menschen bisher nicht erlebter Stress“, sagte der Leiter des Teams „Stress Challenges and Immunity in Space“, Alexander Choukèr. Weil ihr Immunsystem unter den extremen Bedingungen leide, seien Astronauten anfällig für Krankheitskeime. „Zudem können die Strahlung und die Schwerelosigkeit im All Keime derart verändern, dass sie aggressiver werden – gerade bei einem geschwächten Immunsystem steigt die Gefahr von Erkrankungen.“
Es gehe dabei weniger um die Anzahl der Keime an Bord von Raumfähren oder Raumstationen. „Dort herrschen weitgehend sterile Bedingungen“, sagte der Anästhesist am Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität München. „Ich sehe die Gefahr nicht durch fremde Keime.“ Vielmehr bedrohten stets im Körper vorhandene Keime plötzlich die Gesundheit, da das Immun-Gleichgewicht nicht mehr gehalten werden könne. Bei den Apollo-Missionen Ende der 60er-und in den 70er-Jahren sei die Hälfte der Astronauten während des Fluges oder danach krank geworden. So seien auch viele Menschen zum Beispiel mit Herpes-Viren infiziert, häufig ohne zu erkranken. Im All breche der Herpes dann aus. „Viele Raumfahrer leiden auch unter Wundheilungsstörungen. Vor allem nach der Rückkehr zur Erde sind sie anfällig für virale Erkrankungen“, sagte der Mediziner.
Bei der Arbeit der Forschungsgruppe geht es um die Vorbereitung von Langzeitflügen und auch des Lebens in möglichen späteren Habitaten auf dem Mond. „Ich bin zuversichtlich, dass der Mensch, wenn man ihn sehr gut vorbereitet, in der Lage sein sollte, sich auch diesen Stressbedingungen anzupassen“, sagte Choukèr. DPA, TAZ