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Archiv-Artikel

Niedersachsen-SPD lässt extern weitergrübeln

Sigmar Gabriel fügt Landesparteichef Garrelt Duin eine Niederlage bei: Der Bundesumweltminister und Chef des Braunschweiger SPD-Bezirks blockiert eine neue Struktur für die Sozialdemokratie zwischen Elbe und Ems

Die Niedersachsen-SPD muss die Neustrukturierung ihrer Partei erneut vertagen. Wegen des Vetos des Braunschweiger SPD-Bezirkschefs Sigmar Gabriel wird es vorerst nicht zu einer Bildung von Partei-Regionen kommen. Stattdessen sollte der Parteivorstand am Freitagabend nach Redaktionsschluss entscheiden, externe Berater einzusetzen. Sie sollen bis zum Jahresende herausfinden, ob die Partei künftig besser mit den bestehenden vier Bezirken oder mit rund zehn neu zu bildenden landsmannschaftlichen Regionen fährt. So hieß es aus Parteikreisen. Beobachter sehen in der weiter schwelenden Strukturfrage eine Niederlage von Landesparteichef Garrelt Duin, der sich Bundesumweltminister Gabriel beugen musste. Bislang hatte Duin angekündigt, der Landesparteitag der SPD Ende Juni solle die neue Struktur beschließen. Nun muss Duin hier sogar offenbar um seine Wiederwahl bangen.

„Prost Mahlzeit“, die Arbeit der SPD-„Zukunftskommission“ sei „diskreditiert“, wütete es aus dem „ZK“ getauften Gremium am Freitag. Am Abend zuvor hatten die vier Bezirksfürsten beschlossen, vorerst nichts zu entscheiden.

Am 28. Januar, dem Tag nach der historischen Wahlschlappe der SPD hatte Landesparteichef Garrelt Duin die Kommission ausgerufen. Die „ZK“ sollte der Partei für die nächste Wahl 2013 eine schlagkräftigere Organisationsform verpassen und die seit Ewigkeiten verfeindeten Bezirke Hannover, Braunschweig, Weser-Ems und Nord-Niedersachsen zerschlagen. Vor allem Spitzenfunktionäre aus Hannover halten die Bezirksstruktur für „antiquiert wie das Kurfürstentum im Heiligen Römischen Reich deutscher Nation“.

Doch das fünfköpfige „ZK“ unter der Leitung von Ex-Forschungsministerin Edelgard Bulmahn schied vier Monate später im Streit. Der Gabriel-Abgesandte stemmte sich gegen die Auflösung des finanzstarken Braunschweiger Sprengels. Immerhin: Einig waren sich die Sozialdemokraten darin, die Zentrale zu stärken. So soll der Landesvorstand auf 21 Köpfe erweitert und ein Parteirat mit 100 Mitgliedern eingesetzt werden, der die Unterbezirke abbildet. Auch die Nachwuchsrekrutierung soll künftig zentralisiert werden. Gegen eine vollständige Übertragung der Finanz- und Personalhoheit haben sich die Braunschweiger jedoch erfolgreich gestemmt. Politisch wird die Niedersachsen-SPD vorerst auch weiterhin mit vier Stimmen in den Parteigremien in Berlin vertreten sein, während Länder wie Nordrhein-Westfalen nur eine haben.

„Glogo lebt!“, sagte ein frustrierter SPD-Grande am Freitag zur ungelösten Strukturfrage. Er meinte Gerhard Glogowski, den nach nur einem Jahr aus dem Amt geschiedenen Ex-Ministerpräsidenten aus Braunschweig, einen der härtesten Bezirks-Befürworter. KAI SCHÖNEBERG