Noch eine Schlappe für Brown

Bei Nachwahlen zum britischen Unterhaus kassiert die Labour Party des britischen Premierministers Gordon Brown eine satte Niederlage. Die Konservativen jubeln

DUBLIN taz ■ Die britische Labour Party hat bei den Nachwahlen für einen Unterhaussitz am Donnerstag erneut eine schwere Niederlage erlitten. Der Tory-Kandidat Edward Timpson gewann das Mandat in Crewe und Nantwich in der mittelenglischen Grafschaft Cheshire mit 49,5 Prozent der Stimmen – fast 20 Prozentpunkte mehr als Tamsin Dunwoody von der Labour Party.

Bei den letzten Unterhauswahlen 2005 war das Ergebnis nahezu umgekehrt. Seit 1983, als dieser Wahlkreis durch Grenzreformen neu geschaffen wurde, hatte Dunwoodys Mutter Gwyneth ihn stets deutlich gewonnen. Sie ist im April im Alter von 77 Jahren gestorben, wodurch die Nachwahl erforderlich wurde. Ein Sieg der Tories war erwartet worden, aber das Ausmaß überrascht. Übertragen auf die nächsten Parlamentswahlen, die bis 2010 stattfinden müssen, würden die Konservativen fast fünfmal so viele Wahlkreise gewinnen wie Labour.

Premier Gordon Brown gerät nach den verheerenden Niederlagen bei den Kommunalwahlen und der Londoner Bürgermeisterwahl Anfang des Monats immer stärker unter Druck. Er sagte gestern, die steigenden Preise für Nahrungsmittel, Benzin, Gas und Elektrizität hätten die Menschen in Großbritannien verunsichert – aber dazu hat vor allem er selbst erheblich beigetragen, indem er die unterste Steuerklasse von zehn Prozent abschaffte. Zwar versuchte er kurz vor der Nachwahl, die Katastrophe abzuwenden, indem er 2,7 Milliarden Pfund borgte, die den fünf Millionen betroffenen Haushalten zugutekommen sollen. Doch der Plan ging nicht auf.

Tory-Chef David Cameron triumphiert. Diese Wahl habe „das Ende von New Labour eingeläutet“, sagt er. Labour-Wähler seien scharenweise zu den Tories übergelaufen. „Meine Botschaft an diese Menschen lautet: Wir werden euch nicht enttäuschen.“

Wahlexperten gestehen Cameron zu, dass er die Konservative Partei „dekontaminiert“ habe. Seit 15 Jahren waren die Tories bei allen Wahlen weit abgeschlagen. In den elf Jahren Labour-Regierung haben sie keine einzige Nachwahl gewinnen können. Zuletzt vor 30 Jahren hatten sie Labour einen Sitz bei einer Nachwahl abnehmen können.

Manche von Browns Kabinettsmitgliedern warnen, dass der Premierminister nur noch Zeit bis zum Parteitag im Herbst habe, um zu beweisen, dass er den Niedergang stoppen könne. Doch dazu sei ein Umdenken nötig, glaubt Tony Travers von der London School of Economics. Er sagt, dass die Labour Party die Eckpfeiler ihrer Politik aufgegeben habe: Während für die unteren Einkommensschichten der Mindestlohn niedrig und die Steuern hoch seien, würden die Reichen immer reicher. „Nicht die Arbeiterklasse hat Labour im Stich gelassen“, sagte Travers, „sondern Labour die Arbeiterklasse.“ RALF SOTSCHECK