: Eine Chance für die Schanze
Pläne der Stadtteilinitiative für ein nicht-kommerzielles Zentrum zwischen Karo- und Schanzenviertel nehmen konkretere Form an. SPD und GAL sind dafür, Verwalterin Steg ist verhandlungsbereit
VON MARCO CARINI
Es ist eines der letzten fast ungenutzten Gebäude im Schanzenviertel – der ehemalige Pferdestall auf dem Gelände der früheren Rinderschlachthalle. 520 Quadratmeter Fläche, in denen sich das zur Zeit geschlossene Restaurant „Neues Palé“ und jede Menge nicht genutzte Räumlichkeiten befinden.
„Ein Sahnestück für Investoren“ weiß Christoph Speier, Aufsichtsrat der Lerchenhof-Genossenschaft, der derzeitigen Mieterin des Komplexes. Planspiele der Verwalterin Steg, das städtische Gebäude nach Auslaufen des Mietvertrages Ende 2009 zu einem kleinen Kaufcenter mit Boutiquen umzuwandeln, gäbe es deshalb bereits. Doch statt noch mehr Kommerz wollen Speier und seine Mitstreiter Stadtteilkultur in den Räumlichkeiten etablieren. Trägerin dieser Aktivitäten könnte eine Sozialgenossenschaft sein, die im Herbst gegründet werden soll.
Ideen für die Nutzung der Räume gibt es genug. Auf einem ersten Anwohnertreffen, das am Dienstagabend etwa vierzig Menschen anlockte, war der Phantasie keine Grenze gesetzt. Räume für Hochzeits- und Geburtstagsfeiern, musikalische Früherziehung der Jugendmusikschule, Toberäume für umliegende Kitas, Proberäume für Musikbands, ein Kulturcafé, eine Mobil-Disco, ein Mädchentreff und mehr könnte in dem Gebäudeensemble seinen Platz finden.
„Wir stehen am Anfang unserer Überlegungen“, sagt die Journalistin Tina Fritsche, Mitiniatorin der geplanten Genossenschaft. „Kernpunkt aller Überlegungen ist, dass viele Initiativen und Einzelpersonen aus den beiden Quartieren diesen Freiraum mit Leben füllen“. Voraussetzung dafür wäre, sagt Fritsche, dass die Steg die Miete von rund 3.000 Euro nicht erhöht: „Mehr können wir nicht aufbringen.“
Die Chancen für eine Umsetzung des Konzepts stehen nicht schlecht. Das Gebäude gehört der Stadt und die städtische Liegenschaft hat dem Vernehmen nach intern gerade einen Verkaufsstop für Gebäude im Schanzen- und Karoviertel verfügt – vor weiteren Privatisierungen soll erst einmal eine Bestandsaufnahme der Umstrukturierung beider Quartiere in den vergangenen Jahren erfolgen. Auch die rot-grüne Koalition im Bezirk Mitte, könnte sich mit einem selbstverwalteten Kulturzentrum anfreunden. SPD-Fraktionschef Andy Grote: „Wir unterstützen diese Überlegungen und wollen hier keine kommerzielle Nutzung.“ Wichtig aber sei, dass es ein klares Gesamtkonzept und einen verlässlichen Träger für das neue Kulturzentrum gäbe.
Auch die Steg zeigte sich in informellen Gesprächen mit den rot-grünen Fraktionsvertretern und den Genossenschaftsinitiatoren offen für eine zukünftige öffentliche Nutzung des Gebäudes und betonte, ein Verkauf des Backstein-Komplexes an einen privaten Investor stehe für sie zur Zeit nicht zur Debatte. Ob aber der Mietvertrag mit der Lerchenhof-Genossenschaft von der Steg, trotz Differenzen mit deren Vorstand Michael Hermann verlängert wird, ist fraglich. Ein erstes Gespräch am Dienstag brachte noch kein konkretes Ergebnis, weitere Treffen wurden vereinbart.
Nächstes Anwohnertreffen: 18. Juni, 19.30 Uhr, Sternstr. 2