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Archiv-Artikel

Angst vor schwächeren Azubis

In Mecklenburg-Vorpommern wird es im nächsten Jahr weniger Schulabgänger als Lehrstellen geben. Das dürften auch die Betriebe in den anderen Nord-Ländern merken: Wegen der Ausbildungsplatz-Pendler

Auf den ersten Blick klingt es überraschend: Für Mecklenburg-Vorpommern erwarten der Arbeitgeberverband der Metall- und Elektroindustrie, Nordmetall, und die Bundesagentur für Arbeit in den nächsten Jahren einen Lehrlingsmangel. Ausgerechnet im Nordland mit der höchsten Arbeitslosenquote.

Im neuesten Jahresbericht von Nordmetall wird für das kommende Jahr erstmals prognostiziert, dass es im Nordosten mehr Lehrstellen als Bewerber geben wird – jeder dritte Ausbildungsplatz könnte unbesetzt bleiben. Von den 12.500 Schulabsolventen stehen laut dieser Hochrechnung 3.000 für den Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung, weil sie studieren werden. Weitere 1.500 Bewerber betrachtet die Industrie als nicht ausbildungsfähig – gemeint sind damit beispielsweise Förderschüler und Schulabbrecher.

„Das wird auch Folgen haben für die Situation in Schleswig-Holstein, Hamburg und Niedersachsen“, sagt Horst Schmitt von Regionaldirektion Nord der Agentur für Arbeit, „schließlich gibt es viele Ausbildungsplatzpendler, die aus Mecklenburg-Vorpommern rauspendeln.“ Diese könnten weniger werden, wenn sich die Lehrstellensituation in der Heimat so stark verändert.

Die meisten Pendler haben sehr gute Schulabschlüsse und verdrängen damit einheimische Bewerber, die schlechtere Zeugnisse haben. Gerade in der Region Hamburg ist das ein Thema. Schließlich drängen hier nicht nur Bewerber aus Mecklenburg-Vorpommern auf den Ausbildungsmarkt, sondern auch aus Schleswig-Holstein und Niedersachsen – in kleinerem Maßstab geschieht das in jedem regionalen Zentrum. Die Chancen für die Einheimischen könnten sich also verbessern, wenn den guten Schülern aus Mecklenburg-Vorpommern zuhause attraktive Lehrstellen winken.

In den anderen Ländern im Norden ist eine ähnlich drastische Entwicklung wie in Mecklenburg-Vorpommern nicht abzusehen. Allerdings werden auch hier die Jahrgänge kleiner und die Anzahl der Lehrstellen größer, so dass die Arbeitgeber eine kleinere Auswahl haben und in ihren Augen schlechter qualifizierte Azubis anstellen müssen. In den Metall- und Elektroberufen stehen hier schon jetzt ähnlich viele Bewerber wie Plätze zur Verfügung. Da die Industrie nicht alle für qualifiziert genug hält, befürchtet sie einen Fachkräftemangel.

Die IG Metall fordert die Industrie auf, es auch mit diesen Schwächeren zu probieren: „Die Unternehmen müssen in Sie investieren“, sagt Gewerkschaftssprecher Daniel Friedrich. Die Bundesagentur für Arbeit unterstützt Firmen dabei: mit Unterstützungsprogrammen für lernschwache Schüler.

DANIEL KUMMETZ