Ehrung für Großstadtnomaden

Es könnten für Hamburg die vorläufig letzten gewesen sein, denn Intendant Ulrich Khuon nimmt sie 2009 mit nach Berlin: Am Freitag gingen die achten Autorentheatertage am Thalia Theater mit Preisen für den Nachwuchs zu Ende

Sie seien handwerklich gut gemacht, entbehrten aber oft einer originellen Idee. Sie ließen eine Haltung, die über Befindlichkeit hinausgehe, vermissen – von politischem Bewusstsein ganz zu schweigen: Ein nicht sehr schmeichelhaftes Urteil hatte der Theaterkritiker Gerhard Jörder, Juror der am Freitag beendeten Autorentheatertage am Thalia Theater, angesichts der rund 90 eingesandten Stücke abgegeben.

Trotzdem waren ihm vier Stücke der Aufführung wert erschienen, von denen jetzt zwei mit Preisen der Thalia-Freunde gewürdigt wurden: Als „surrealen Trip durch die Großstadt“ bezeichnete Jörder das Stück „Regen in Neukölln“, das der 1980 in Kiel geborene Paul Brodowsky schrieb. Es bekam den mit 5.000 Euro dotierten Publikumspreis der Thalia-Freunde. Moderne Stadtnomaden – ein Taxifahrer, ein türkisches Model, ein Scherenschleifer – treffen sich hier in kurzen Episoden mit wechselnder Perspektive, die sich zu einem vielstimmigen Konzert verdichten. Ein „musikalisch-poetisches Stück“, fand Jörder.

Den Autorenpreis der Thalia Freunde – dotiert mit 10.000 Euro – bekam „Birds“, verfasst von Juliane Kann, einer 1982 in Mecklenburg geborenen Autorin, die eine junge, widersprüchliche Generation porträtiert. Zwischen Abgebrühtheit und Lebenshunger changieren die jungen Protagonisten des Stücks. Es lebt von martialischen, die Realität scharf beobachtenden und verkürzenden Dialogen und erinnert von Ferne an Frank Wedekinds „Frühlings Erwachen“.

Insgesamt 8.000 Zuschauer besuchten die 25 Veranstaltungen der achten Autorentheatertage, die – neben der abschließenden „Langen Nacht der Autoren“ – Gastspiele aus dem gesamten deutschsprachigen Raum präsentierten.

Es könnten allerdings die letzten Autorentheatertage gewesen sein: Intendant Ulrich Khuon, der das Format erfand, wird sie 2009 ans Deutsche Theater Berlin mitnehmen, dessen Leitung er dann übernimmt. Ob Khuons Nachfolger Joachim Lux die Autorentheatertage in ähnlicher Form weiterführen und damit speziell dem Nachwuchs ein Forum bieten wird, steht derzeit dahin. Der scheidende Intendant Khuon sagt, er hätte nichts dagegen. PETRA SCHELLEN