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Archiv-Artikel

Erstmals kündigt Verbund Bahn fristlos

Der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr klagt über zu wenig Sicherheitspatrouillen in der S-Bahn. Ärger wegen überhöhter Preise und schlechter Leistungen gab es schon länger. Die Kündigung könnte Signalwirkung für andere Regionen haben

VON RICHARD ROTHER

Schwerer Rückschlag für die Deutsche Bahn, die im Herbst an die Börse strebt: Erstmals hat eine große Verkehrsorganisation, der Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR), ihren Verkehrsvertrag mit der Bahn fristlos gekündigt. Das teilte der Verbund, in dessen Einzugsbereich 7,3 Millionen Menschen leben, am Donnerstag mit. Grund seien grobe Vertragsverletzungen beim Sicherheitsservice, hieß es. Dies habe eine mehrmonatige Stichprobenuntersuchung ergeben.

Konkret geht es um den Sicherheitsstandard in den S-Bahnen in den Abendstunden. Hier sei eine Bestreifungsquote von 90 Prozent durch Sicherheitspersonal vereinbart worden, so der VRR. In Klartext: In neun von zehn Zügen muss abends Wachpersonal auftauchen. Die Überprüfung habe aber eine Quote von nur durchschnittlich 17 Prozent ergeben, so der VRR. Bezahlt worden seien jedoch Sicherheitsleistungen, die der höheren Quote entsprechen. „Daher zieht der Verbund nun die Reißleine.“

Die fristlose Kündigung ist das vorläufige Ende des schwierigen Verhältnisses zwischen VRR und Bahn. Schon seit längerem habe es Probleme mit überhöhten Preisen und schlechtem Service gegeben, heißt es im Verbund. Deshalb seien im vergangenen Jahr 54 Millionen Euro nicht an die Bahn gezahlt worden, wogegen das Unternehmen klage. Das Ergebnis der repräsentativen Stichprobenuntersuchung habe nun „das Fass zum Überlaufen gebracht“. Der Verbund müsse darauf achten, „öffentliche Gelder sinnvoll einzusetzen“. Im S-Bahn-Bereich hätte der jetzt gekündigte Verkehrsvertrag noch bis 2018 gelten sollen.

Die Verkehrsverbindungen will der Verbund nun neu ausschreiben. Bis zu einer Vergabe soll die Bahn in einem hoheitlichen Akt verpflichtet werden, die Strecken weiter zu bedienen. Für die Fahrgäste ändert sich damit erst einmal nichts.

VRR-Vorstand Martin Husemann sparte nicht mit Kritik an der Bahn. Unzufrieden sei er vor allem mit Unpünktlichkeiten, dem Zustand der Fahrzeuge und dem Erscheinungsbild der Bahnhöfe. „Wir lassen uns durch den Renditedruck der DB AG im Vorfeld des Börsenganges nicht verschaukeln.“ Jetzt habe man einen handfesten Beweis, dass die DB Regio in Nordrhein-Westfalen zulasten der Kunden spare. „Verträge sind dabei egal, und auch vor der Täuschung der Steuerzahler schreckt die Bahn nicht zurück.“

Der scharfe Schnitt der Nordrhein-Westfalen könnte auch eine Signalwirkung auf andere Verbünde haben, die teilweise mit ähnlichen Problemen kämpfen. „Unsere Auseinandersetzung mit der Bahn wird in der Branche aufmerksam verfolgt“, heißt es beim VRR. Die Bahn wollte sich dazu gestern auf Anfrage nicht äußern.