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Archiv-Artikel

Jukebox

Musikmachen im streng nomadischen Prinzip

Was man vielleicht doch wissen möchte, ist, welche Vögel am Stinson Beach gesehen wurden, und zwar am 17. Februar des vergangenen Jahres. Ein Rabe war darunter, ein Kanadareiher, die Spießente, der Truthahngeier und noch eine Menge mehr, die Fred Frith dort beobachtet und unter dem Stichwort „Obskures“ auf seine Webpräsenz gestellt hat (www.fredfrith.com). Darunter gibt es gleich eine weitere Liste, und zwar mit den Schlagzeugern, mit denen er seit 1965 zusammenspielte. Da findet sich auch Fred Maher, mit dem Frith das Projekt Massacre machte, plus Bill Laswell. Deren Platte „Killing Time“ von 1981 ist heftiger Freiformrock. Hardcore, obwohl der zu dieser Zeit noch gar nicht erfunden war. Musikalisch ein ständiger Unruheherd und in sich dennoch vollkommen stoisch. Hat wirklich keine grauen Haare in der Zwischenzeit bekommen. Seit einigen Jahren gibt es das Trio wieder, jetzt mit Charles Hayward am Schlagzeug. Am Sonntag spielt es im italienischen Ferrara.

Aber Massacre ist nur eine Episode im Schaffen von Fred Frith, und man braucht schon etwas Zeit zur Lektüre seiner Diskografie, um darin seinen Spuren zu folgen, als improvisierender Musiker, als Komponist für eigenwillige Gitarrenwerke, als Mitglied von Bands wie John Zorns Naked City. Und natürlich seine eigenen Projekte und Bands, Art Bears, Skeleton Crew, Keep the Dog, die sich – die Bands, die Musiker, die Orte, an denen das geschieht – als soziales Netz um die Welt legen, das eben eine größere Einheit ist als nur das Korsett einer einzelnen Band, weiter das Standardmodell im üblichen Rockgeschäft mit der öden Platte-Tour-Platte-Tour-Abfolge. Dagegen steht Frith mit einem nomadischen Prinzip, musikalisch, örtlich. Die Halbwertzeit seiner Projekte ist oft nur ein, zwei Jahre, alles bleibt in Bewegung, weit in die verschiedensten Richtungen ausgreifend und dabei verblüffend konsistent.

Es mag vielleicht arg pathetisch klingen: Wahrscheinlich ist Fred Frith sowieso in seiner Musik daheim. Was man jedenfalls gern glauben will, wenn man ihn mal auf der Bühne gesehen hat, wie er sich mit rundem Rücken in seine Arbeit kugelt. Ist in „Step Across the Border“ zu gucken. Ein Reisefilm. Ein Musikreport. Ein Porträt von Fred Frith. Läuft diese Woche wieder einmal im fsk. Die Alternative für alle, die gerade nicht in Ferrara sind.

Oder am Sonntag zu Schachspiel in der Uckermark ins Ausland, mit Seve Beresford, der in der gleichen Liga wie Fred Frith spielt. THOMAS MAUCH