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Archiv-Artikel

Neuer Sieg für Morales’ Gegner

Auch die vierte oppositionell regierte Provinz Boliviens stimmt für mehr Autonomie

PORTO ALEGRE taz ■ Im Südosten Boliviens hat die konservative Opposition einen weiteren Erfolg gegen Präsident Evo Morales erzielt. Nach Hochrechnungen vom Montag unterstützten bei einem Referendum in der Erdgasprovinz Tarija rund 80 Prozent der WählerInnen die Forderung nach mehr Eigenständigkeit von der Zentralregierung in La Paz. Die Abstimmung, zu der über 170.000 Tarijeños aufgerufen waren, verlief ruhiger als die drei vorhergehenden Autonomiereferenden in den Tieflandprovinzen Santa Cruz, Beni und Pando. Lediglich in drei Gemeinden blockierten Anhänger von Morales' Bewegung zum Sozialismus (MAS) Straßen und verbrannten einige Wahlurnen.

Damit hat sich die vierte und vorerst letzte von neun Provinzen für mehr Autonomie ausgesprochen. La Paz habe die moralische Pflicht, die vier Statuten anzuerkennen, rief Mario Cossío, der Gouverneur von Tarija, vor jubelnden Anhängern, „sonst ist sie keine demokratische Regierung“. Die MAS habe Bolivien mit der neuen Verfassung auf einen „totalitären Weg“ führen wollen.

Die Wahlbeteiligung lag bei rund 65 Prozent. Die Regierung verwies darauf, dass bei den vier Referenden die Hälfte der Wahlberechtigten mit Nein stimmten und sich enthielten. Morales hatte die Referenden als illegal bezeichnet und zur Enthaltung aufgerufen. In einem Hauptstadtbezirk verbrannten Obdachlose eine Puppe des Gouverneurs mit einer Kette aus falschen Dollarscheinen und riefen: „Es lebe die Autonomie, Tod dem Statut der Reichen!“ Die Parole spielt auf die jüngst ausgegebene Marschroute der Regierung an – beim regulären Referendum vor zwei Jahren hatte Morales ohne Erfolg gegen die Autonomie mobilisiert.

Anders als seine Kollegen in den dünn besiedelten Tieflandprovinzen Pando oder Beni verfügt Gouverneur Cossío bereits jetzt über einen beträchtlichen Etat. Denn 85 Prozent der bolivianischen Erdgasreserven lagern in der Provinz Tarija, die an Paraguay und Argentinien grenzt. In den letzten fünf Jahren ist der Provinzhaushalt von umgerechnet 10 Millionen auf knapp 300 Millionen US-Dollar hochgeschnellt. Und nach dem neuen Statut sollen die Erdölfirmen noch mehr Abgaben an die Provinzregierung abführen. Schon am Sonntagabend versprach Cossío die Ausgabe von Lebensmitteln für Kinder bis zu zwei Jahren, kostenlose Schulbildung für alle und den Bau von 5.000 Sozialwohnungen.

Vier weitere konservative Gouverneure waren zum Feiern nach Tarija gekommen. Ihr Thema: die für den 10. August geplanten Abwahlreferenden gegen den Präsidenten und alle Provinzgouverneure. Darauf hatten sich Regierung und Opposition noch im Mai geeinigt. Die Referenden hatte der Präsident schon Ende 2007 vorgeschlagen, um in der Diskussion über die Verfassungsreform neue Legitimation herzustellen. „Das Referendum ist ein Ablenkungsmanöver der Regierung“, klagt jetzt Ruben Costas, Gouverneur von Santa Cruz. GERHARD DILGER

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