Singender Sozialismus

Heute wäre der legendäre ehemalige sozialistische Präsident Chiles, Salvador Allende, 100 Jahre alt geworden. In der Fabrik erinnert die chilenische Gruppe „Inti Illimani histórico“ an den 1973 im Verlauf des Militärputsches Gestürzten

Während des Militärputsches in Chile im Herbst 1973, in dessen Verlauf der legendäre sozialistische Präsident Salvador Allende gestürzt wurde und ums Leben kam, war die Gruppe „Inti-Illimani“ gerade auf einer Tournee in Italien. Den Mitgliedern, die sich zuvor klar links positioniert und den Wahlkampf und die Regierung Allendes leidenschaftlich unterstützt hatten, wurde prompt die Wiedereinreise verweigert. Nicht zuletzt die zahllosen Morde an chilenischen KünstlerInnen durch das Militär zwingen die kämpferischen Folkloristen, bis 1989 im italienischen Exil zu bleiben. Allerdings nicht untätig. Durch zahlreiche Tourneen und die lautstarke Unterstützung der internationalen chilenischen Solidaritäts- und Demokratiebewegung erlangt „Inti-Illimani“ schnell weltweite Bekanntheit.

Gegründet wurde die Gruppe, deren Name auf Aymara „Sonne des Illimanti“ bedeutet, 1967 von einigen Studierenden der Universidad Técnica del Estado in Santiago de Chile, die beeindruckt waren von der von der chilenischen Folklore-Musikerin und bildenden Künstlerin Violeta Parra und dem Sänger und Theaterregisseur Víctor Jara ins Leben gerufenen Neo-Folk-Bewegung „Nueva Canción Chilena“, die sich an der südamerikanischen, vor allem andinen Folklore orientierte.

In den 70ern und 80ern besteht der Kern der Gruppe aus aus Horacio Salinas, dem „musikalischen Leiter“, den Brüdern Jorge und Marcelo Coulon, Horacio Durán, José Seves und dem Ecuadorianer Max Berrú. Für begrenzte Zeit schließen sich je andere Musiker an. 1993, fünf Jahre, nachdem die Band das erste Mal wieder nach Chile hat reisen darf, beginnt dann der Zerfall. Berrú verlässt die Band, 2001 gehen die drei zentralen Protagonisten Salinas, Seves und Durán. Die Gruppe verjüngt sich in der folgenden Zeit und im Jahr 2004 sind die Coulón-Brüder die Letzten von der ursprünglichen Besetzung übrig Gebliebenen.

Und es kommt zur großen Krise. Denn Horacio Salinas, José Seves und Horacio Durán schließen sich nach mehr oder weniger erfolgreichen Solo-Karrieren wieder zusammen und beanspruchen, die „wahren“ „Inti-Illimani“ zu sein. Deren wichtigste Kompositionen entstammten schließlich ihren Köpfen. Die Gruppe um die Coulón-Brüder kann dem nicht zustimmen, es kommt zum Rechtsstreit um das Erbe der Band. Ein Streit, aus dem ein Jahr später zwei „IntiIllimanis“ hervorgehen: Salinas und Co. wird zugestanden, sich fortan „Inti-Illimani histórico“ zu nennen, die anderen behalten den Original-Namen.

Heute Abend nun gedenkt der „historische“ Zweig der „Inti-Illimani“-Familie in der Fabrik an dessen 100. Geburtstag dem Präsidenten, für den einst so begeistert gestritten wurde. Der Auftritt von „Inti-Illimani“ ist jedoch nur der Höhepunkt der Veranstaltung unter dem Titel „100 Jahre, 1000 Träume“. Vor dem Konzert wird auch der chilenische Liedermacher Pablo Ardouin zur Erinnerung an Salvador Allende eine seiner Kompositionen spielen, der Schauspieler Rolf Becker steuert eine Passage aus Pablo Nerudas Erinnerungen bei und liest aus dessen „Canto General“. Und auch der in Hamburg lebende chilenische Sänger Marcelo Herrera Flores wird Allende huldigen.ROBERT MATTHIES

Do, 26. 6., 20.30 Uhr, Fabrik, Barnerstraße 36