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Archiv-Artikel

Ohne Quelle kein Bach

Bei der TV-Übertragung des ersten EM-Halbfinales fiel minutenlang das Bild aus: Woran lag’s? Wer ist schuld?

Von DENK

Ein Auftakt nach Maß, von dem Sportreporter so gerne sprechen, sieht anders aus: Bei der Fußball-EM in Österreich und der Schweiz tritt die Europäische Fußball-Union (Uefa) zum ersten Mal als TV-Produzent auf. Sie liefert das Bildmaterial, das über das Internationale Fernsehzentrum in Wien in alle Welt gesendet wird. Dort fiel am Mittwoch während der zweiten Halbzeit des EM-Halbfinales Deutschland-Türkei der Strom aus, minutenlange Bildausfälle waren die Folge.

„Alle Länder, außer das Schweizer Fernsehen und al-Dschasira“ seien betroffen gewesen, sagte Uefa-Sprecher Wolfgang Eichler später. Der Sportchef des übertragenden ZDF, Dieter Gruschwitz, bezeichnete die Störung als die „ärgerlichste anzunehmende Panne“. Nach einem rund sechsminütigen Bildausfall griff das ZDF auf die Bilder des Schweizer Fernsehens (SF) zurück, das über eine Glasfaserdirektverbindung ins Stadion verfügte und daher trotz Stromausfalls in Wien weiter senden konnte. So haben die deutschen Zuschauer kein Tor verpasst.

Alexander Stock, Sprecher des ZDF, lobte seine „findigen und guten Mitarbeiter“ dafür, diese Lösung so schnell gefunden zu haben, und Kommentator Béla Réthy dafür, dass er „die schwierige Situation sehr, sehr gut in den Griff bekommen“ habe.

Schon nach etwa drei Minuten war Réthy wieder zu hören und kommentierte, was die Zuschauer nicht sahen – Radio im Fernsehen. Als das Bild später wieder da war, fiel ein Zeitunterschied zwischen Bild und Ton auf, besonders beim 2:1 durch Miroslav Klose, als Réthy schon zu jubeln schien, bevor der Ball überhaupt im Tor war. Diese Verzögerung entstand, da Réthy das Spiel weiter am Telefon kommentierte.

Nachdem es zunächst hieß, dass ein Gewitter den Stromausfall im Wiener Fernsehzentrum verursacht habe, zog Uefa-Sprecher Eichler diese Begründung später wieder zurück. Die Umstände müssten erst untersucht werden, sagte er.

Darauf drängt auch ZDF-Sprecher Stock, der ein eigenes Verschulden seines Senders ausschließt: „Zu keiner Zeit, bei keiner Gelegenheit war ZDF-eigene Infrastruktur betroffen.“ Man wolle „zeitnah nach dem Turnier“ mit den Uefa-Verantwortlichen über den Vorfall sprechen.

Dass der Veranstalter eines Sportereignisses gleichzeitig auch die TV-Bilder produziert, ist umstritten, erst recht nach den Zensurvorwürfen gegen die Uefa. Doch in die Kritik gegen den Verband will ZDF-Sprecher Stock so pauschal nicht einstimmen: Es sei völlig normal, dass das Sendesignal bei solchen Großereignissen zentral produziert werde, „entscheidend für uns ist, dass es sauber und sicher beim Zuschauer ankommt“. Und, fügt Stock blumig hinzu: „Ohne Quelle läuft kein Bach.“ DENK