: Müde und kaputt
HARARE taz ■ Totenstille herrscht in den Straßen der simbabwischen Hauptstadt am Tag, an dem sich Simbabwes Präsident Robert Mugabe zum Wahlsieger ausruft. Voll sind nur die Kirchen, ansonsten bleiben die Menschen zu Hause. Mugabe lässt sich am späten Nachmittag in einer Geste des Triumphs zu seiner sechsten Amtszeit vereidigen. Und seine Bürger wollen damit ebenso wenig etwas zu tun haben wie Oppositionsführer Morgan Tsvangirai, der es abgelehnt hat, an der Zeremonie teilzunehmen.
In der Oppositionshochburg Harare wollte am Sonntag kein normaler Bürger nach Sonnenuntergang noch draußen sein. Viele befürchten, dass Aktivisten und Schläger der Präsidentenpartei Zanu-PF feiernd durch die Straßen ziehen. Die Stimmung ist demoralisiert; die Leute sind müde und kaputt.
Aktivisten von Tsvangirais Oppositionspartei MDC sind in den Untergrund gegangen. Ihre Parteizentrale ist seit dem letzten Polizeiüberfall von vergangener Woche verwaist. Sie kommunizieren nur noch per Handy, wechseln täglich ihre Schlafstelle; manche wohnen abwechselnd in verschiedenen ausländischen Botschaften. Im Gelände der südafrikanischen Botschaft ist ein großes, weißes Zelt aufgestellt worden, es gibt Kaffee und Tee für die mittlerweile mehreren hundert Flüchtlinge, die sich dorthin vor der Gewalt des Regimes gerettet haben.
Am Sonntagnachmittag erklärte die Wahlkommission, Mugabe habe die Wahl klar gewonnen: Er habe 85,5 Prozent erhalten, 2,15 Millionen Stimmen. Für Tsvangirai hätten knapp 230.000 Menschen gestimmt, etwas über 130.000 Stimmen seien ungültig gewesen. Die Wahlbeteiligung lag demnach bei 42,3 Prozent – so hoch wie bei der ersten Wahlrunde am 29. März, die Tsvangirai gewonnen hatte.
Viele Menschen gingen am Freitag einfach wählen, um den Drohungen der Regierungsmilizen zu entkommen. Die wenigen afrikanischen Wahlbeobachter kritisierten den Wahlgang mehrheitlich scharf. Die Wahl müsse wiederholt werden, erklärten die Beobachter des AU-Parlaments. Etwas anderes als eine Siegesproklamation Mugabes hat in Harare also niemand erwartet.
Die Hoffnung ist groß, dass das Ausland nun doch noch so viel Druck ausübt, dass der Präsident der Bildung einer Regierung der Nationalen Einheit zustimmt – am besten ohne Mugabe. Dass Südafrikas Präsident Thabo Mbeki sich immer noch schützend vor seinen simbabwischen Amtskollegen stellt, wenn es darauf ankommt, wird extrem kritisch gesehen. Bald könnte der südafrikanische Präsident ebenso verhasst sein wie Mugabe, meinen manche. Die Welt soll nun Druck auf Mbeki ausüben, damit dieser Druck auf Mugabe ausübt, ist die an Verzweiflung grenzende Schlussfolgerung. Dass die Simbabwer selbst etwas am Schicksal ihres Landes noch ändern könnten, daran glaubt im Moment niemand mehr. ILONA EVELEENS