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Archiv-Artikel

Theater: Mehr heraus geholt

Der neue Intendant Hans-Joachim Frey zieht Bilanz seiner ersten Spielzeit. Wer mit weniger Geld gutes Theater machen wolle, müsse sich auf den „Spagat Wirtschaft und Kunst“ einlassen

Die Aufführung des Fliegenden Holländers auf der Seebühne habe das Haus „sehr beansprucht“, so Frey

VON KLAUS WOLSCHNER

Der Intendant des Bremer Theaters, Hans-Joachim Frey, ist mit seiner ersten Spielzeit zufrieden. Man spreche wieder über das Theater, „wie bei Kurt Hübner“, das sei für den Erfolg entscheidend. Und er freut sich, „dass wir miteinander ganz anders umgehen“ als früher. „Wir“, das sind die Intendanz und die Politik – und die Wirtschaft. Die Bilanz der zu Ende gehenden ersten Spielzeit ist noch nicht fertig, aber eine Erfolgszahl verkündet Frey schon einmal: 232.000 Zuschauer. Das sind elf Prozent mehr als in der letzten Spielzeit unter seinem Amtsvorgänger Klaus Pierwoß.

Anders als Frey sprach die Kulturstaatsrätin Carmen Emigholz bei der gestrigen Pressekonferenz auch über diejenigen, die die Zuschauer ins Theater geholt hatten. „Nicht nur“ der Leitung wolle sie für die erfolgreiche Spielzeit danken, sondern ausdrücklich „auch allen Mitarbeitern im Hause“, so Emigholz. Die Oper sei hervorragend gewesen, beim Schauspiel habe es anfangs „Zurückhaltung“ gegeben, erinnert sie, am Ende habe sich das „konsolidiert“. Man werde sich, so sei es verabredet, am Ende der zweiten Spielzeit das „erweiterte Angebot sehr genau angucken“ und sehen, „ob das Konzept aufgeht“. Der Trend sei gut, die Oper „Der Fliegende Holländer“ am Einkaufszentrum Waterfront ein Erfolg gewesen.

19.000 hatten das Stück auf der Seebühne gesehen, sie sind genauso in die Bilanz eingerechnet wie die 6.000 Besucher von „Fremdvermietungen“ der Theaterräume sowie die 6.500 Besucher der Kunstgalerie. Beim klassischen Schauspiel waren es im ganzen Jahr 41.000 Zuschauer.

Die durchschnittliche Auslastung der Vorstellungen sei geblieben, teilte Geschäftsführer Wolfgang Patzelt mit, man hat also im Vergleich zum Vorjahr schlicht mehr herausgeholt aus den Mitarbeitern, mehr Veranstaltungen angeboten. Frey räumte denn auch ein, dass insbesondere der Schritt auf die Seebühne das Haus „sehr beansprucht“ habe. Dennoch will er im nächsten Jahr mit der Oper Aida das Publikum „an den Nil“, an der „Waterfront“ versetzen, zehn Vorstellungen soll es geben.

Außerdem will der Verein der Theaterfreunde in den nächsten drei Jahren 30.000 Euro spenden für einen Kompositionsauftrag. Jörn Arnecke soll mit der Librettistin Hannah Dübgen „Kyros“ komponieren, die Geschichte eines Mannes, der 200 Jahre eingefroren war und in einer Zukunft aufgetaut wird, in der die Menschen nicht miteinander sprechen.

Zehn Mitarbeiter haben von ihrem vorzeitigen Kündigungsrecht Gebrauch gemacht, vor allem solche aus den Führungsetagen. Insider berichten von drastischer Kritik am Führungsstil. Hans-Joachim Frey weiß davon nichts. „Es gibt immer die Nörgler“, sagt er, und einige hätten ein gutes Angebot bekommen. Auch von dem anhaltenden Gerücht, dass er vielleicht im kommenden Jahr auf die dann vakant werdende Intendantenstelle in Dresden streben könnte, wo er immer noch mit einem Spielbein präsent ist, will er nichts wissen: „Mein Vertrag geht bis 2012 und ich habe vor, ihn zu erfüllen – daran gibt es nichts zu deuteln.“

Die Eigenfinanzierung sei im übrigen von 12 auf 17 Prozent gesteigert worden, gab Geschäftsführer Patzelt stolz bekannt. Dass es vor der Sommerpause noch keinen Haushaltsplan für die kommende Spielzeit gebe, sei normal. Über die Tarifsteigerungen verhandelt man noch mit der Kulturbehörde. Da kann es um eine Millionen Euro und mehr gehen. Er gehe nicht an die Öffentlichkeit und rufe laut: Das geht überhaupt nicht, erklärt Frey den anderen Umgang mit der Politik. Aber von dem guten Verhältnis zur Politik erwartet er doch einen Beitrag zur Finanzierung dieser Kostensteigerungen. Man sei „in konstruktiven Gesprächen“.