piwik no script img

Der Club-Hopper

Innerhalb von acht Monaten war Metin Ilkyaz im Vorstand von drei Vereinen. Er versucht, aus drei kleinen einen großen türkischen Club zu formen

Wie nennt man einen Fußball-Funktionär, der binnen weniger Monate zwischen den Chefetagen dreier Clubs rotiert? In Berlins Amateurfußball hat das Phänomen einen Namen. Es heißt: Metin Ilkyaz. Der Mann fungierte bis November vergangenen Jahres als Präsident des SV Yesilyurt. Nach der Insolvenz des Moabiter Amateur-Oberligisten schlüpfte Ilkyaz in die Präsidentenrolle des Weddinger Liga-Rivalen Ankaraspor Külübü 07 (BAK 07). Ende Juni schließlich beendete er seinen Transfer-Triathlon und ließ sich bei Türkiyemspor in den Vorstand wählen.

Während die Mitgliederversammlung bei Türkiyem im Rathaus Kreuzberg „in gar heiterer Atmosphäre“ stattfand, wie ein Beteiligter berichtet, geht bei BAK 07 geht die Angst um: Was ist, wenn unser Kapitän Ilkyaz von Bord geht – verlässt er dann ein sinkendes Schiff?

Viele erinnern sich an die Reaktionen erboster Yesilyurt-Mitglieder im November, die sich beim Finanz-K.-o. ihres Clubs von Ilkyaz überrumpelt fühlten. Dass neben dem amtierenden Präsidenten auch noch Ankaraspors „starker Mann“ – Wirtschaftsrat Mehmet Ali Han – in Türkiyems Führungsriege einzog, dürfte die Gemüter an der BAK-Basis kaum beruhigt haben.

Club-Hopper Ilkyaz beschwichtigte, sein neues Amt habe keine negativen Folgen für das alte: „Dies bedeutet nicht, dass BAK 07 vor dem Aus steht.“ Han und er hielten am eingeschlagenen Kurs des Oberligisten fest. Wozu dann diese Postenrotation? „Wir wollen einen großen Verein gründen. Denn Sponsoren geben uns nur dann Geld, wenn wir uns zusammentun“, entgegnet Fikret Ceylan, Manager von Türkiyemspor. Sein Verein ist in die neue, bundesweit dreigeteilte Regionalliga eingezogen. Der Blick geht bei den Kreuzbergern nicht nur nach vorn, sondern vor allem nach oben. „Wir wollen in die dritte Liga“, betont Ceylan selbstbewusst.

Mit einem bescheidenen Etat von 650.000 Euro starten die Kreuzberger in die Spielzeit 2008/2009. Das sei zu stemmen, versichert der Manager, doch für den Aufstieg muss Geld her. Deshalb wurden Ilkay und Han in den Vorstand gelotst – als Signal an potenzielle Sponsoren: Seht her, der Zwist zwischen den Berliner „Türken-Clubs“ Türkiyemspor, BAK und – posthum – SV Yesilyurt ist beigelegt. Ceylan: „Sponsoren geben uns nur Geld, wenn wir uns zusammentun.“

Versuche zur Konzentration hat es schon früher gegeben. Sie scheiterten meist am Geschacher um knapper werdende Posten. Inzwischen ist Türkiyemspor als Paradebeispiel für einen deutsch-türkischen Integrationsclub in der Position des Stärkeren. Der Nummer 3 im Berliner Fußball hinter Hertha und Union ordnen sich Ilkyaz und Han unter.

Glänzte BAK 07 vor zwei Jahren noch als Shootingstar am Amateur-Himmel, so ist die Perspektive des Vereins nun ungewiss. Auch vom Vereinsnamen wird wohl kaum etwas übrig bleiben. Als Name des neues Großclubs ist „Türkiyemspor 07“ im Gespräch. JÜRGEN SCHULZ

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen