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Archiv-Artikel

Der Irak wirbt um deutsche Firmen

Deutsche Firmen sind beliebt im Irak – deshalb sollen sie sich stärker am Wiederaufbau beteiligen. Dem stehen allerdings die teils katastrophale Sicherheitslage und Korruption entgegen. Einige Firmen kehren dem Land schon wieder den Rücken

MERKEL EMPFÄNGT IRAKS MINISTERPRÄSIDENT

Der irakische Ministerpräsident Nuri al-Maliki hat bei seinem Besuch in Berlin intensiv um die Hilfe der Bundesregierung und der deutschen Wirtschaft beim Wiederaufbau seines Landes geworben. „Ich bin der Meinung, die Sicherheitslage hat sich so verbessert, dass deutsche Firmen durchaus in den Irak kommen können“, sagte al-Maliki nach einem Gespräch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel am Dienstag in Berlin. Merkel teilte seine Einschätzung der Sicherheitslage allerdings nicht. Diese sei zwar „auf dem Weg der Besserung, aber noch nicht so, dass alles sicher ist“, sagte die Kanzlerin. Sie zeigte sich trotzdem zu umfangreicher Zusammenarbeit bereit. So sollten ein Generalkonsulat in Erbil im relativ sicheren Kurdengebiet und unter Umständen auch eines in Basra eröffnet werden, sagte sie. Die Regierung könne außerdem helfen bei der Ausarbeitung eines föderalen Staatssystems und bei der Ausbildung von Beamten und Ministeriumsmitarbeitern. AP

AUS BAGDAD INGA ROGG

Ende vergangener Woche wurden in Bagdad und Erbil fast zeitglich die Grundsteine für zwei Fünfsternehotels mit internationalem Standard gelegt. Unternehmen aus Dubai und dem Libanon planen Investionen in Milliardenhöhe. Die Türkei, Iran und China haben einen Fuß in der Tür, einige Europäer drängen ebenfalls auf den irakischen Markt.

Wo aber sind die Deutschen?, lautet die Frage, die von Regierungsvertretern in Erbil und neuerdings auch in Bagdad gestellt wird. Sowohl im kurdischen Gebiet im Nordosten des Landes wie auch im Zentralirak wünscht man sich mehr deutsche Investoren.

Als Wirtschaftsminister Michael Glos vor zehn Tagen mit einer kleinen Wirtschaftsdelegation als erstes Mitglied der Bundesregierung zu einem Kurzbesuch in der irakischen Hauptstadt war, priesen die Politiker über die ethnischen und religiösen Gräben hinweg die Verbesserung der Sicherheitslage. Da deutsche Unternehmen einen guten Ruf im Irak haben, will man sie unbedingt am Wiederaufbau beteiligen. Die Drohungen, dass deutsche Firmen nie wieder einen Fuß in den Irak setzen dürfen, weil die Bundesregierung damals gegen den Krieg war, sind also Schnee von gestern. Als ob man ein Zeichen setzen wollte, hat das Ölministerium die BASF-Tochter Wintershall auf die Liste der Firmen gesetzt, die für die erste Runde in der Vergabe von Ölaufträgen qualifiziert sind.

Im Zentralirak stand deutschen Investitionen bislang die katastrophale Sicherheitslage entgegen. Angesichts von Entführungen, Morden und Raub wollte kein Unternehmen seine Mitarbeiter und auch nicht sein Kapital riskieren. Wer bisher im Irak tätig war, musste entweder für teure Sicherheitsvorkehrungen sorgen oder wickelte die Aufträge über Subunternehmen aus Drittstaaten ab.

Für Unternehmen ist der Irak aber tatsächlich eine Goldgrube – es gibt nichts, woran es nicht mangelt, ob in der Infrastruktur, dem Energiesektor, der Industrie oder Bildung.

Deutsche Unternehmen, die ihre Fühler über das kurdische Gebiet hinaus in den Zentralirak ausgestreckt haben, wurden allerdings häufig enttäuscht. Sie legten Vorschläge und Modelle vor, überarbeiteten diese notfalls und gingen am Ende dennoch leer aus. Denn die Deutschen haben ein Problem: Sie sind schlicht zu teuer. Man bräuchte keine Straßen, die 100 Jahre halten, habe ihm der zuständige Minister beschieden, sagt ein Bauunternehmer. Das Rennen machten türkische und iranische Firmen, die billiger sind.

Aber nicht nur der Preis spielt eine Rolle. Ohne saftige Schmiergeldzahlungen läuft heute im Irak so gut nichts. Die Korruption sei derart krass, dass man nur auf einen Regierungswechsel hoffen könne, sagt ein ausländischer Diplomat.

Zudem verlangen sowohl Bagdad wie Erbil irakische Beteiligungen. Dabei schnitten sich die Mächtigen von heute oft die Sahnestücke an einem Auftrag heraus, klagen Geschäftsleute.

Das größte Problem ist jedoch die fehlende Rechtssicherheit. Änderungswünsche, die jede Kalkulation sprengen, bis hin zu Erpressungsversuchen sind nach Angaben von ausländischen Firmenvertretern an der Tagesordnung.

Auch um die Zahlungsmoral steht es nicht gut. Das mussten in den letzten Monaten eine Reihe von türkischen Firmen in Erbil erleben, denen die Regierung nach Angaben eines Insiders Gelder in Millionenhöhe schuldet. Frustriert kehren zahlreiche Firmen dem Land mittlerweile wieder den Rücken.