: „Der Bund darf nicht am Katzentisch sitzen“
Für Schule und Universitäten sind seit der Föderalismusreform 2006 allein die Länder zuständig. Doch nun möchte Andreas Pinkwart, Wissenschaftsminister des größten Bundeslandes NRW, den Bund wieder ins Spiel bringen
ANDREAS PINKWART ist stellvertretender Bundesvorsitzender der FDP und Wissenschaftsminister im schwarz-gelb regierten NRW.
taz: Herr Pinkwart, Sie beraten mit Vertretern von Bund und Ländern, wie man mehr Stipendien für Studierende schaffen kann. Wird daraus etwas?
Andreas Pinkwart: Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir 2008 beim Ausbau des Stipendienwesens zu einem konkreten Ergebnis kommen.
Zusammen mit dem Bund?
Ja, zusammen mit dem Bund.
Eigentlich sind doch nach der Föderalismusreform für Bildung fast komplett die Länder zuständig. Das stört Sie nicht?
Bei der Begabtenförderung würden die Länder ja stärker in die Mitverantwortung genommen. Bislang wurde diese fast überwiegend vom Bund getragen. Der Anteil der Länder liegt bei weit unter 5 Prozent. Nach meinem Vorschlag würde der Bund mehr zahlen, aber die Länder würden sich überproportional beteiligen, mit bis zu einem Drittel. Das ist, denke ich, eine faire Lastenteilung.
Angela Merkel hat die Ministerpräsidenten für Oktober zu einem Bildungsgipfel eingeladen. Wollen Sie ein Signal, dass Bund und Länder bei der Bildung wieder enger kooperieren?
Ja. Ich habe mich auch im Rahmen der Föderalismusreform dafür eingesetzt, dass wir im Hochschulbereich die Möglichkeit der Kooperation behalten. Dass das richtig und sinnvoll ist, zeigt sich ja jetzt beim Ausbau der Studienplätze, beim Hochschulpakt. Ich wünsche mir das auch für die Bildungspolitik insgesamt.
Auch in Schulfragen?
Ich könnte mir sehr gut vorstellen, die Kultusministerkonferenz so fortzuentwickeln, dass man zu einer entsprechenden Gemeinsamen Bildungskonferenz kommt, in der der Bund mit Sitz und Stimme und nicht nur am Katzentisch vertreten ist.
Damit es wieder staatlich finanzierte Ganztagsschulprogramme geben darf, wie unter Rot-Grün?
Ob das Ganztagsschulprogramme sind oder andere Projekte, muss man sehen. Bildung ist ja nicht nur eine Phase im Leben. Wir haben Vorschule, Schule, berufliche Bildung, Hochschule und vor allem auch die Weiterbildung. Hier haben Bund und Länder unterschiedliche Zuständigkeiten. Wir müssen es schaffen, die verschiedenen Zuständigkeiten besser aufeinander abzustimmen. Hier ist ein enges Zusammenwirken von Bund und Ländern zwingend notwendig.
Bildung ist Ländersache. Der Bund ist noch in der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz vertreten. Hier erarbeiten Bund und Länder gegenwärtig ein gemeinsames Stipendienkonzept.
Für Schüler sind ausschließlich die Bundesländer zuständig. Sie treffen sich in der Kultusministerkonferenz zu minimalen Absprachen.
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die Ministerpräsidenten zum Bildungsgipfel eingeladen und dringt damit in deren Hoheitsgebiet vor. Hessens Ministerpräsident Roland Koch (CDU) wünscht keine Einmischung. ALE
Dazu müssten die Länder Macht an den Bund abgeben.
Wichtig ist, dass wir als Wissensnation Deutschland ganz vorn liegen und mehr Menschen beste Bildungschancen bieten. Da ist die Frage der Zuständigkeiten nur wichtig, damit man weiß, wer für die Umsetzung verantwortlich ist. Ansonsten geht es um die besten Lösungen und kein Schwarze-Peter-Spiel zwischen Bund, Ländern und Kommunen zu betreiben.
Sie fürchten, dass die Länder die Bildungsrepublik Deutschland sonst allein zahlen?
Ja, ich halte eine entsprechende Mitwirkung des Bundes für wichtig, weil Bildung auch immer teuer ist. Es ist gut, wenn sich mehrere Partner in die Finanzierung einbringen können.INTERVIEW: ANNA LEHMANN