kabinenpredigt : Der wowereitsche Imperativ
„Ganz Berlin freut sich.“ Das sagt zumindest Klaus Wowereit, der Regierende Bürgermeister. Und er erklärt knapp zwei Wochen vor Beginn der Olympischen Spiele in Peking: „Ganz Berlin fiebert mit seinen Olympiateilnehmerinnen und -teilnehmern mit. Nicht nur die Sportfans, sondern alle Berlinerinnen und Berliner stehen hinter unseren Athleten.“
Ursprünglich entstammt der Begriff der Kollektivierung ja der sozialistischen Gedankenwelt. Wenn es aber um Sport geht, wird gern auch systemübergreifend kollektiviert. Bei den Olympischen Spielen erfolgt dies gewöhnlich eher im nationalen Rahmen – Wowereit hingegen hat uns alle zum Lokalpatriotismus verordnet: Wir Berliner feuern in China Berliner Sportler an. Die Stadt stellt in Peking mit 54 Olympioniken das größte Kontingent des Deutschen Olympiateams. Wowereit könne stolz auf seine Sportmetropole sein, haben die Berliner Sportfunktionäre jüngst festgestellt. Immer wieder loben sie ihren eigenen mit internationaler Spitzentechnik ausgestatteten Olympiastützpunkt. Dessen Equipment hat allerdings mit Wowereit und dem Senat nur wenig zu tun. Der mit Abstand größte Geldgeber des Berliner Olympiastützpunktes ist der Bund.
Und die Berliner Sportler? Viele von ihnen haben die meiste Zeit ihrer Sportlerkarriere anderswo verbracht, einige trainieren immer noch vorwiegend in ihren Heimatorten. Egal! „Be Berlin“ heißt der Wowereit’sche Imperativ etwa auch für die in Krefeld wohnhafte Badmintonspielerin Juliane Schenk oder die für den SV Wacker Burghausen startende Schwimmerin Nicole Hetzer.
Zu diesem Provinzialismus passt, dass sich Sportsenator Ehrhart Körting erst gar nicht von globalen Problemen wie der Dopingthematik oder der Menschenrechtslage in China bedrücken lassen möchte. Um die Boykottaufrufe sei es deutlich stiller geworden, hat Körting betont. Und daraus folgerte er: „Es ist also an der Zeit, sich auf den Vergleich der weltbesten Athletinnen und Athleten zu freuen.“ Was für einen Vergleich er meint? Gewiss den mit den Berliner Sportlern. JOHANNES KOPP