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Archiv-Artikel

Erfolgreiche gewaltfreie Aufstände

betr.: „Alte Frage (weiter aktuell): Frieden schaffen ohne Waffen?“, taz plan vom 21. 7. 08

So absurd, wie in eurer Veranstaltungsankündigung suggeriert, ist die Frage nicht, welche Rolle die westlichen Industrienationen, allen voran die USA, bei den zahlreichen gewaltfreien Revolutionen oder, vielleicht etwas bescheidener ausgedrückt, Aufständen bzw. Regierungswechseln der letzten 30 Jahre hatten.

Der Vorwurf, dass gewaltfreie Oppositionsbewegungen von den USA direkt oder indirekt, insbesondere über neoliberale Stiftungen oder gar mit CIA-Geldern, finanziert werden, wird regelmäßig erhoben (in Bezug auf Georgien, die Ukraine und Serbien war er in der aus taz-Sicht vermutlich seriösen deutschen Ausgabe von Le Monde diplomatique zu finden). Es gibt derzeit scharfe Angriffe von links gegen den prominentesten Vertreter gewaltfreier Methoden in den USA, Gene Sharp. Ihm wird vorgeworfen, mit seinen ausgefeilten Darstellungen gewaltfreier Methoden samt ihrer Anwendung beim Sturz von Regierungen („how to bring down a dictator“) der US-Regierung direkt in die Hände zu arbeiten, die bekanntlich manche Regierungen gerne stürzen wollte oder will.

Daher hat Stephen Zunes einen Schwerpunkt seines Vortrags darauf gelegt, darzustellen, dass erfolgreiche gewaltfreie Aufstände in aller Regel entscheidend davon abhängen, ob und wie sie von der breiten Bevölkerung des entsprechenden Landes gewollt und aktiv getragen werden. Mit anderen Worten: Weder Geld von US-Stiftungen noch das Wirken idealistischer ausländischer Graswurzelaktivisten kann einen gewaltfreien Aufstand aus dem Nichts entstehen lassen. Ersteres ist aus Sicht der gewaltfreien Bewegung beruhigend, Letzteres ein bisschen enttäuschend (auch gewaltfreie Aktivisten träumen manchmal davon, die Welt im Alleingang zu verändern).

UTE FINCKH, Berlin