Grüne wollen kein Windrad

Die Bergedorfer Bezirksversammlung wehrt sich gegen den Ersatz einer kleinen Anlage gegen eine größere. Naturschutz sei nur durch Ausbau möglich, heißt es beim Bundesverband Windenergie

VON GERNOT KNÖDLER

In Bergedorf gibt es Streit darüber, ob ein altes kleines Windrad durch ein großes ersetzt werden darf. Die Bezirksversammlung hat sich auf Antrag von CDU und GAL (Grüne) dafür ausgesprochen, abzuwarten, bis neue Vorrangflächen ausgewiesen sind, die eine übergeordnete Planung ermöglichen. Das kann einige Jahre dauern, was den Bundesverband Windenergie (BWE) auf die Barrikaden treibt: Es sei „unverständlich, dass angesichts der Warnungen der Internationalen Energie-Agentur vor Öl-Krisen-Situationen das bürgerliche Engagement zum Bau von Erneuerbaren Energie-Anlagen ausgebremst wird“, poltert der Verband. An den CDU-GAL-Senat appelliert er, „dass die Vereinbarungen des Koalitionsvertrages umgehend umgesetzt werden“.

Darin heißt es: „Die Nutzung der Windenergie soll erheblich ausgebaut werden. Das Repowering bestehender Anlagen soll ermöglicht werden.“ Letzteres will Jens Heidorn zusammen mit seinem Partner Klaus Soltau tun. Mit ihrer Firma „Net“ betreiben sie eine Reihe von Windrädern in den Vier- und Marschlanden. Das Älteste steht in Ochsenwerder und stammt aus dem Jahr 1991. Mit einer Nabenhöhe von 34 Metern und einer Leistung von 150 Kilowatt ist es nach heutigen Maßstäben ziemlich klein.

Heidorn möchte deshalb eine moderne Anlage bauen: 138 Meter hoch mit 2.000 Kilowatt Leistung. Er versteht nicht, warum sich viele Bezirkspolitiker sperren: Schließlich wolle er ja nur eine Anlage durch eine andere ersetzen und dieses Repowering sei ja erwünscht.

Liesing Lühr, die Fraktionschefin der Bergedorfer GAL, sieht das anders: „Dies ist im genehmigungsrechtlichen Sinne kein Repowering“, argumentiert sie. Das neue Windrad solle ein paar hundert Meter entfernt vom alten aufgestellt werden. Die alte Anlage liege sehr dicht an Wohnhäusern, sei aber toleriert worden, weil sie so klein sei. „Die Technik hat sich enorm verändert“, sagt Lühr, deshalb dürfe heute nicht mehr auf der Rechtsgrundlage von Anfang der 90er Jahre geplant werden.

Weder der alte noch der neue Standort befänden sich in einem Vorranggebiet für Windräder. In den Vier- und Marschlanden seien die Grenzen der Vorranggebiete bewusst eng gezogen worden. „Man wollte nicht mehr“, sagt Lühr. Die bestehenden Vorranggebiete seien voll.

Heidorn behauptet, ein Ersatzwindrad müsse nicht an derselben Stelle stehen. Die neue Anlage wäre weiter vom Wohngebiet entfernt als die alte und halte die vorgeschriebenen Lärm-Grenzwerte ein. Das Gebiet sei in einer Studie von 1993 für unempfindlich befunden worden. Ein gegen das Windrad ins Feld geführter Storchenhorst sei jahrelang verwaist gewesen. „Lühr geht es allein um die Optik“, behauptet er.

Dem Ingenieur widerstrebt es, abzuwarten, bis ein neuer Flächennutzungsplan ausgetüftelt ist. Bis dieser und das Windrad fertig seien, könnten Jahre ins Land gehen. „Jedes Jahr Verzögerung bedeutet über vier Millionen Kilowattstunden nicht regenerativ erzeugten Stroms“, warnt der BWE. Dabei zähle jedes Kilowatt auf dem Weg zur Energiewende.

Der Bezirk kann nur Empfehlungen aussprechen. Entscheiden muss die grün geführte Stadtentwicklungsbehörde. Es fehlten noch „klare Beurteilungsgrundlagen“, teilte sie mit. Bis Mitte kommenden Jahres sollten die entsprechenden Gutachten vorliegen. GAL-Kreischef Jens Kerstan distanziert sich von Lührs Position: „Es ist nicht die grundlegende Linie der GAL in Bergedorf“, versichert er.