WERBEPAUSE: TELEKOM

Was ist gute Werbung? Solche, der man nicht anmerkt, dass sie etwas verkaufen will. So der aktuelle TV-Spot der Telekom, die nach ihrem Spitzelskandal vor allem eines verkaufen muss: ein gutes Image. Protagonist des Spots ist der Sänger Paul Potts. Vor einem Jahr stand Potts vor der Jury der britischen Casting-show „Britain’s Got Talent“, etwas nervös, etwas zu dick, und das Publikum wartete auf das, was folgerichtig in einer Castingshow passieren muss: die große Blamage. Potts öffnete den Mund, wobei er auch noch schlechte Zähne offenbarte, und trug zu jedermanns Überraschung die Puccini-Arie „Nessun Dorma“ so stimmgewaltig vor, dass er im Handumdrehen Karriere machte. Es ist die alte „Vom Tellerwäscher zum Millionär“-Story, angereichert mit ein wenig Aschenputtelmythos. Und ein Glücksgriff für die Werbung: Im Telekom-Spot verfolgen die Zuschauer Potts’ Auftritt vor mobilen Übertragungsgeräten und strahlen, als habe soeben der Heilige Geist ihr Leben gestreift, um dann begeistert Potts zu bejubeln. Bis zum abschließenden Telekom-Logo hat der Zuschauer gar nicht gemerkt, dass er Werbung schaut. Die Telekom hat ein rares Gut gefunden: echtes Gefühl. Mit Fiktion ummantelte Wahrheit ergibt einen emotional aufgeladenen, aber dennoch glaubwürdigen Werbespot, weil sich nicht mehr unterscheiden lässt, wo die Realität aufhört und wo das Märchen beginnt. Der momentan sehr reale Tatbestand der Datenspionage ist allerdings alles andere als märchenhaft. NELE JENSCH