Überschwemmungsflächen der Ems vergiftet

Lebensmittelprüfer finden Krebs erregende Stoffe im Gras. Grenzwerte um das Doppelte überschritten

Die Überschwemmungsflächen der Ems nordwestlich der ostfriesischen Stadt Leer sind hochgradig mit giftiger Chemie belastet. Das Niedersächsische Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (Laves) hat in Proben Dioxin und dioxin-ähnliche Polychlorierte Biphenyle (PCB) nachgewiesen. Diese Stoffe gelten als gesundheitsschädlich und Krebs erregend. Drei der vier Proben hätten den Grenzwert von 1,25 Nanogramm im Schnitt um das Doppelte übertroffen, sagte Laves-Sprecherin Hiltrud Schrandt am Montag. Fünf Ergebnisse der Laboruntersuchung stehen aus.

Hintergrund ist ein BSE-Verdacht. Vor einem Jahr schickte das Laves Kontrolleure an die Ems, die bei dieser Gelegenheit auch Gras untersuchen ließen, das als Futter für Tiere gedacht war. Zwei Proben prüfte das Laves 2007 auf die giftigen Verbindungen – eine habe den Grenzwert damals um das Vierfache überschritten. Schrandt zufolge wurde das Gras nicht verfüttert. Im Laves wird derzeit Milch untersucht. Der Landkreis Leer will Schafe aus dem Gebiet aufkaufen und kontrollieren.

Die Behörden prüfen jetzt, ob die Tiere weiter auf den in Frage kommenden Flächen weiden oder dort gemähtes Gras fressen dürfen. „Wenn es ein flächendeckendes Problem ist, könnte das ein komplettes Nutzungsverbot zur Folge haben“, sagte Gert Hahne, der Sprecher des Agrarministeriums.

Die Landwirte fürchten diese Konsequenz. „Das wäre ein massiver Eingriff in die Bewirtschaftung“, sagte Justus Ackermann, Vizepräsident im Landwirtschaftlichen Hauptverein Ostfriesland. Je nach Betrieb schwanke die Abhängigkeit von den Weideflächen in den Überschwemmungsgebieten. „Wenn ein komplettes Nutzungsverbot kommt, könnte das für einige schon existenzbedrohend sein“, sagte Ackermann.

Der am Wochenende anstehende Sommerstau-Versuch an der Ems scheint nicht in Gefahr. „Dabei wird kein Vorland überspült“, sagte der Sprecher des Niedersächsischen Landesbetriebes für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN), Achim Stolz, in Norden. Für den Probestau werde der Flusspegel auf 1,75 Meter über Normalnull gebracht. Das liege nicht weit über dem Wert des mittleren Tidehochwassers. Pegelstände dieser Art ergäben sich auch aus dem „ganz normalen“ Wechsel der Gezeiten. DPA