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Archiv-Artikel

Einhelliges Urteil, offene Fragen

Der Prozess um die toten Kinder von Darry geht zu Ende: Wie erwartet, soll Steffi K. dauerhaft in der Psychiatrie bleiben. Die Nebenklage will geklärt sehen, ob Behörden und ein behandelnder Therapeut Fehler gemacht haben

Das Urteil kam nicht überraschend, aber Steffi K. lauschte aufmerksam. Die Frau aus Darry im Kreis Plön, die im Dezember 2007 ihre fünf Söhne mit Tabletten betäubte und dann mit Plastiktüten erstickte, soll in einer psychiatrischen Einrichtung bleiben. Wie lange, macht das Kieler Landgericht vom Verlauf ihrer Krankheit abhängig: Paranoide Schizophrenie hat K. ein Gutachter bescheinigt, die Krankheit sei chronifiziert, das Wahnsystem komplex und geschlossen. Zurzeit schützt dieser Wahn Steffi K. davor einzusehen, was sie ihren Kindern angetan hat. „Wenn es einen Therapieerfolg gibt und sie es versteht“, sagte Richter Jörg Brommann, „ist zu hoffen, dass sie nicht zerbricht.“

In der Urteilsbegründung rekapitulierte er Zeugenaussagen und das psychiatrische Gutachten. Bei der Schilderung der Tatnacht stand Michael K., Steffi K.s Ehemann und Vater der drei jüngsten Söhne, auf und verließ den Saal, die Hände an die Ohren gepresst. Steffi K. hatte die Tat geplant, weil sie glaubte, böse Mächte aus dem Jenseits verfolgten sie und ihre Kinder. Diese ins Jenseits zu bringen, schien ihr die einzige Rettung. „Die eigentliche Tragik liegt im Wunsch der Mutter, den Kindern etwas Gutes zu tun“, sagte der Richter. Daher sei die Tat nicht heimtückisch, kein Mord.

Ihren Ehemann hatte Steffi K. zu einer Reise nach Berlin überredet. Sie gab den Kindern Schlaftabletten und schaute mit ihnen einen Film. Doch die Dosis war zu schwach, daher brachte sie die weinenden Jungen einen nach dem anderen in den Keller und erstickte sie. „Sie war in Panik“, sagte der Richter. Angesichts des bestehenden Wahns sei Steffi K. eine Gefahr für die Allgemeinheit. Dem hatten sich zuvor der Staatsanwalt wie auch die Anwälte von Nebenkläger Michael K. wie auch der Angeklagten selbst angeschlossen.

So klar das Urteil, so unbeantwortet die Frage, ob die Behörden des Kreises Plön und der Therapeut, bei dem Steffi K. bereits im Sommer 2006 in Behandlung war, mehr hätten tun können: Der Gutachter hatte erklärt, Steffi K. sei unauffällig gewesen, es habe keine Handhabe für eine Einweisung gegen ihren Willen gegeben.

Michael K.s Anwältin sagte nach der Urteilsverkündung, man könne „nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. Es ist für den Vater geradezu ein Menschenrecht, dass er dies weiter prüfen will.“ So habe es „Unregelmäßigkeiten“ bei den Zeugenaussagen gegeben: Unter anderem hatte der Psychiater die Art der Krankheit früh erkannt, sich aber auf Steffi K.s Wort verlassen, dass sie Medikamente nehme und keine Befehle aus dem „Jenseits“ empfing. Michael K. hatte ihm ein Tonband zukommen lassen, auf dem sie etwas anderes schilderte. Dieses Band in einem Diktiergerät will der Arzt nicht erkannt haben: „Er nannte es ein Medium“, sagte Michael K.s Anwältin – „das Wort hat in diesem Zusammenhang fast komische Züge.“

Michael K. zeigte sich froh über das Prozessende. Für ihn sei wichtig gewesen, Steffi K. dabei zu sehen. Wie er aber den Verlust der Kinder bewältigen könne, sagte Michael K., das wisse er nicht. ESTHER GEISSLINGER