hamburger szene : Vom Wesen des Smalltalks
Ich sitze wie jeden Morgen in der Bahn auf dem Weg zur Uni. Mit Kopfhörern abgeschottet und einem Buch in der Hand, versuche ich möglichst nicht gesehen, geschweige denn angesprochen zu werden. Wie so oft ist irgendwann die Batterie leer, die Kopfhörer behalte ich aber vorsichtshalber auf – man weiß ja nie!
Direkt neben mir beginnen sich zwei Studenten zu unterhalten. „In welchem Semester bist du jetzt?“, fragt der eine. „Ich mache bald mein Vordiplom. Es ist etwas stressig“, antwortet sie. Beide kennen sich augenscheinlich aus einem Kurs, denn sie vor mindestens drei Semestern zusammen besucht haben. Seitdem scheinen sich die flüchtigen Bekannten aus den Augen verloren zu haben.
Er: „Welches Thema?“ Sie: „Hmmm, weiß ich noch nicht genau.“ Er: „Hast du schon deine Prüfer?“ Sie: „Ja, habe Glück gehabt.“ Er: „Aha, freut mich.“
Beide nicken brav wenn der andere etwas sagt und vermeiden möglichst Augenkontakt. Das Gespräch endet mit dem obligatorischen: „Wir können ja mal etwas zusammen machen. Abends weggehen oder so.“
Obwohl beide wissen, dass eigentlich keiner das belanglose Gespräch fortsetzen möchte, ist der Termin vorläufig fix.
Beim nächsten Halt setzt sich mir ein Kommilitone gegenüber. Trotz Ohrenstöpsel und Buch ahne ich Fürchterliches. Man fühlt sich ja irgendwie zum reden verpflichtet – die zweite Runde beginnt… JULIAN KÖNIG