Sturmfreie Dialektik

Der designierte Topclub VfL Wolfsburg kann auch richtig schlecht spielen, schlägt Aufsteiger Köln aber trotzdem 2:1

Wolfsburg taz ■ Das war nun nicht ganz einfach für Felix Magath. Da hatte der Trainer-Manager seinen Kader ordentlich runderneuert. Denn der VfL Wolfsburg ist kein graues Mittelmaß mehr, sondern ein kommender Topclub. Und sollte also was zu bieten haben, was mit dem neuen, vor Angriffslust strotzenden Slogan – „Weck den Wolf in Dir!“ – korrespondiert.

Doch dann standen die Wölfe beim Ligaauftakt gegen den 1. FC Köln praktisch ohne Sturm da. Ein paar Angreifer hat Magath verkauft, einer, Dzeko, ist verletzt und der beste Torschütze der Vorsaison, Grafite, gesperrt. Blieb Mahir Saglik, Neuling aus Wuppertal. Magath löste das Problem, indem er auch den nicht in die Startelf nahm. Nach 20 Minuten führte Köln 1:0. Das Wolfsburger Spiel blieb eine Katastrophe, Köln musste sich eine Halbzeit lang im eigenen Strafraum nicht allzu viele Sorgen machen.

Anders als der VfL Wolfsburg. In wundersamer Eintracht wird Wolfsburg überall zum Geheimfavoriten auf die Meisterschaft hochgejazzt. Wüsste man es nicht besser, könnte man es für einen tollen PR-Coup der Wölfe halten. So wie auch das Spektakel um die Verpflichtung zweier italienischer Nationalspieler. Richtig weltberühmt sind Innenverteidiger Barzagli und Außenverteidiger Zaccardo zwar nicht. Dafür war Ersterer teurer als Rafael van der Vaart. Das ist die Dimension, in der Wolfsburg sich jetzt bewegt: Der Verein bezahlt mehr Geld für einen Verteidiger als der berühmteste Verein der Welt für einen Spielgestalter.

Beim Kölner Tor, das Radu über Zaccardos Seite für Novakovic auflegte, waren beide Italiener nicht auf der Höhe. Aber man sollte keine voreiligen Schlüsse ziehen. Sagt Magath, denn: „Spieler aus ausländischen Ligen sind einen anderen Rhythmus gewöhnt, das wird unterschätzt.“ In der Pause nahm er Zaccardo heraus, gruppierte die Offensive neu, Saglik inklusive. Wolfsburgs Spiel verbesserte sich schlagartig, schon in der 48. Minute glich Gentner aus. In der Folge wirbelte Saglik herum, war, wie Magath sagte, „ein Unruheherd“. Aber gerade nicht zugegen, als Misimovic in der 78. Minute von rechts flanken wollte. „Das stand niemand von uns“, sagte der neue Spielgestalter. So machte er das 2:1-Siegtor selbst.

Warum aber begann der VfL überhaupt als sturmfreie Bude? Magath: „Es gab Überlegungen, aufgrund der Spielerdecke einen Offensiven draußen zu lassen, um – wie es auch war – bei einer schlechteren ersten Halbzeit noch einen bringen zu können.“ An diesem Tag, gegen diesen Gegner, war diese Dialektik unschlagbar. KATRIN WEBER-KLÜVER