: Der preisgekrönte Wasserrechner
John Anthony Allan kann belegen, dass für jede Jeans 10.000 Liter Wasser und für das Papier dieser taz-Seite 25 Liter gebraucht werden. Er erhält in dieser Woche den „Internationalen Wasserpreis“ FOTO: ARCHIV
Wie viel Wasser braucht man für eine Tasse Kaffee? 140 Liter, wenn man den gesamten Produktionsprozess und die Lieferung berücksichtigt. Entwickelt hat solche Wasserbilanzrechnungen Professor John Anthony Allan vom King’s College London und der School of Oriental and African Studies. Und dafür bekommt er am 21. August in Stockholm den diesjährigen „Internationalen Wasserpreis“ verliehen.
Er sei, so die Begründung der Jury, „ein Pionier für Konzepte, die ganz entscheidend zum Verständnis und dem Vermitteln von wasserrelevanten Themen und ihren Zusammenhängen mit der Landwirtschaft, klimatischen Veränderungen, der Volkswirtschaft und der Politik beigetragen haben“. Zur Veranschaulichung des allen Produkten innewohnenden Wasserverbrauchs hatte der 71-Jährige 1993 den mittlerweile allgemein gebräuchlichen Begriff vom „virtuellen Wasser“ geprägt.
Die Badewanne voll Wasser für den Morgenkaffee, die hinter der Aufzucht der Bohnen, der Verpackung, dem Transport und der Herstellung des fertigen Produkts stehen, ist da noch bescheiden, vergleicht man sie mit einem Hamburger, der ganze 2.400 Liter „virtuelles Wasser“ intus hat. Unter dem Strich kommt da täglich einiges zusammen: fast 7.000 Liter bei jedem US-Bürger. Immerhin nur ein Drittel davon verbraucht ein Chinese.
Allan hat, so die Jury des Wasserpreises, mit seiner Arbeit „großen Einfluss auf die globale Handelspolitik und die Forschung gehabt“, sowie maßgeblich zur Neudefinition von Wasserpolitik und -management beigetragen. Die Anwendung des Konzepts vom „virtuellen Wasser“ biete das Potenzial, Wasserknappheit auf regionaler Ebene zu verringern und die Verwendung von Wasserressourcen effizienter zu gestalten. Dies reduziere auch das Risiko bewaffneter Auseinandersetzungen um die knapper werdenden Wasserressourcen.
Doch die logische Schlussfolgerung – wasserintensive Produktion dorthin zu verlegen, wo es genügend Wasser gibt – ist schwer zu realisieren. Dies musste Allan auch als Ratgeber zur Lösung von Wasserkonflikten im Nahen Osten und in Nordafrika erfahren. „Aber es dauert immer 25 Jahre, bis sich eine wissenschaftliche Idee in der Praxis durchsetzt“, mahnt er zur Geduld.
Es war im Übrigen in Israel, wo ihn eine Debatte darüber, wie viel kostbares Wasser das Land in Form der Ausfuhr billiger Avocados und Orangen exportiere, auf die „virtuelle Wasserspur“ gebracht hatte.
Zur Entspannung von aller Wasserrechnerei geht er mit seiner Frau gern ins Kino: „Auch wenn Hollywood sein Bestes tut, diese Kunstform zu zerstören.“ REINHARD WOLFF