: Segnungen aus der Wundertüte
Leander Haußmanns Film „Robert Zimmermann wundert sich über die Liebe“ erzählt von einem jungen Mann, der das Herz einer deutlich älteren Frau erobern will. Es ist eine sehr unhanseatische Komödie, die in Hamburg spielt – und heute in die Kinos kommt
Er heißt Robert Zimmermann, ist 26 Jahre alt, trägt Seitenscheitel und programmiert professionell Ego-Shooter. Er wohnt in Hamburg, wo auch seine Eltern und seine Schwester leben. Seine Freundin stört es nicht, dass er wie 18 aussieht und immer öfter überkandidelte Kleidung aus den 1960er Jahren trägt. Was seine Freundin aber stört ist, dass er sich in einen andere Frau verliebt. Die ist 45 Jahre alt, arbeitet in einer Wäscherei und kann den bübchenhaften Robert natürlich nicht ernst nehmen. Worauf hin er sich mächtig ins Zeug legt, um ihr Herz zu erobern.
Das ist schon das Hauptmotiv in „Robert Zimmermann wundert sich über die Liebe“: Junger Mann (Tom Schilling) bezirzt ältere Frau (Maruschka Detmers) und hat irgendwann Erfolg. Leander Haußmanns Film ist ein Feel-Good-Movie für Brigitte-Leserinnen. Das ist marketing-strategisch geschickt. Und glücklicherweise nicht das einzige Bein, auf dem der Film steht.
Da gibt es beispielsweise Robert Zimmermanns Vater, der seine Hamburger Villa an ein Filmteam vermietet, weil er kein Geld mehr hat und ansonsten mit einer Frau in Roberts Alter ins Bett geht. Roberts Mutter angelt sich daraufhin einen Japaner. Und Roberts Schwester ist lesbisch liiert, will aber schwanger werden und erreicht dies mit Hilfe eines Freundes – was wiederum ihrer Lebensgefährtin nicht passt.
Es ist ein Konglomerat an völlig überdrehten Liebesgeschichtchen, das peinlich würde, wäre da nicht diese Leander-Haußmann-Wundertüte aus vielen kleinen inszenatorischen Kniffen. Von dem Film „Die Reifeprüfung“ klaut Haußmann nicht nur die Grundidee, er kleidet seinen Helden auch in sehr coolen 60er-Jahre-Klamotten und lässt ihn in einer – dramaturgisch völlig überflüssigen – Szene auf James Garfunkel treffen, den Sohn von Art Garfunkel.
„Robert Zimmermann“ wiederum ist der bürgerliche Name von Bob Dylan – Haußmann lässt in der Figur des verliebten Computerspiele-Designers die 60er und 90er aufeinander treffen. Wie weit die dazugehörigen Generationen voneinander entfernt sind, erzählt der Film schön beiläufig anhand der Spielgewohnheiten: Computerspieler trifft Brettspielerin; und die weiß bei Trivial Pursuit sogar, dass Art Garfunkel die Filmmusik zur „Reifeprüfung“ geschrieben hat. Mit dabei in dieser Szene ist Detlev Buck, dessen Firma Boje Buck Produktion den Film gemacht hat. Und während Robert Zimmermann baggert, erklingt elegische, eigens komponierte Musik von Element of Crime.
Dabei haben weder Geschichte noch Inszenierung etwas für den Ort der Handlung Spezifisches – im Gegenteil: Nie zuvor sah Hamburg so nach Berlin aus. Und auch die Idee von experimentelleren Liebesbeziehungen ist so weit entfernt vom bürgerlichen Milieu hanseatischer Prägung, wie nur möglich. Dass der Film trotzdem in Hamburg gedreht wurde, dürfte vor allem an Geld und Produktionsbedingungen gelegen haben: Der NDR ist als Koproduzent mit im Boot, die Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein machte Geld locker und auch die Drehgenehmigungen waren leichter zu bekommen – im Vergleich zu Berlin sei man in Hamburg „wahnsinnig nett“ gewesen, sagt Regisseur Haußmann.
Nicht wahnsinnig nett, aber doch recht nett ist auch der Film. Nicht wegen der Geschichte. Aber wegen ihrer Umsetzung. KLAUS IRLER
Ob sich Robert Zimmermann auch in Ihrer Nähe wundert, erfahren Sie auf Seite 23