: Köhler goes Obama
Afrika lockert Deutschland auf: Beim Staatsbesuch aus Ghana ertönt im Chor „Yes We Can!“
Noch ist Barack Obama gar nicht Präsident der USA, da erklingt seine Wahlkampfparole „Yes We Can!“ schon ganz offiziell im Amtssitz des deutschen Bundespräsidenten. Es braucht dafür wohl einen Staatsbesuch aus Afrika, denn wenn es in Deutschland um Afrika geht, gibt es keine Parteien mehr, sondern nur noch Deutsche. Der Abschiedsbesuch des scheidenden Präsidenten von Ghana, John Kufuor, bot am Mittwochabend im Berliner Schloss Bellevue dafür die perfekte Kulisse. Zwischen Fischsuppe und Hirschrücken, dann zwischen Hirschrücken und Dessert schmetterte der Schülerchor der Ernst-Schering-Gesamtschule aus dem Berliner Problembezirk Wedding, der letztes Jahr das erfolgreiche Musical „The Streets of Wedding“ aufführte, lust- und kraftvoll unter afroamerikanischer Anleitung Stücke mit Zeilen wie „We Can Do It! Yes We Can!“ und ähnlichen Jugend-Power-Parolen in die Kronleuchter.
Es erstaunt kaum, dass das „Yes We Can!“ des Chors aus sieben Jungs und neun Mädchen aus offensichtlich fast genauso vielen Ländern den anwesenden Politikern von SPD und Grünen mehr gefällt als so manchem konservativeren Gast („Das ist wohl so multikulti, nicht?“). Und wenn dann noch der aufmerksam lauschende Wolfgang Niedecken (BAP) in Samtanzug und loser Krawatte mit dem Fuß wippt, ist der Coup geglückt. Bundespräsident Horst Köhler (CDU) freut sich diebisch, sein Amtskollege aus Ghana grinst angetan und entspannt.
So ist das, wenn Afrika nach Deutschland kommt und zwei Präsidenten sich mögen. Ghana ist ein Schlüsselland für Köhlers Initiative „Partnerschaft mit Afrika“, die viel zu einem positiveren Afrikabild in Deutschland beigetragen hat. In Ghana tanzten Köhler und Kufuor miteinander, in ihren Berliner Tischreden versichern sie sich ihrer immerwährenden Freundschaft. Dass in London, der Station davor, 700 Leute zum Fest kamen und in Berlin rund 50, schmälert die Harmonie nicht. Großbritannien, die einstige Kolonialmacht, ist für Ghana der Ernst des Lebens. Deutschland ist die Kür, ganz so, wie man sich hier Barack Obama vorstellt. „Yes We Can“ übersetzt sich dann als „Du darfst“. DOMINIC JOHNSON