: Geht es weiter in Georgien?
Eine höchst kompetente Diskussion in Bremen machte die schwierige Lage des georgischen Konfliktes lebendig
Geht es weiter in Georgien? Und wenn ja, wie? Zu dieser Frage hatte die grüne Bundestagsabgeordnete Marieluise Beck, selbst außenpolitische Ost-Expertin, in der vergangenen Woche namhafte Georgien-Experten aus Bremen zu einer Veranstaltung in die Bürgerschaft eingeladen.
Wolfgang Eichwede, langjähriger Leiter des Osteuropa-Institutes, saß auf dem Podium, ebenso wie Walter Kaufmann, der gerade im Juli aus Tiflis zurückgekehrt ist, wo er fünf Jahre lang das Büro der Heinrich-Böll-Stiftung leitete. Im Publikum saß Ellen Best, die Bremer Richterin, die zwei Jahre Aufbauhilfe für die Justiz in Georgien geleistet hat. Nach einer Stunde war in dem voll besetzten Saal 2 in der Bürgerschaft klar: Die Gegensätze sind unüberbrückbar. Nach den Grausamkeiten des kurzen Krieges gibt es viel Verbitterung und wenig Chance auf Verständigung.
Walter Kaufmann berichtete, dass er noch vor wenigen Monaten in Süd-Ossetien ein kleines Film-Festival organisiert hatte und die dortigen Bewohner, Georgier und Osseten, friedlich zusammen saßen – heute vollkommen undenkbar. Dass Russland sein Selbstbewusstsein aus dem Krieg gegen das kleine Georgien – mit vier Millionen Einwohnern – beziehe, verweise vor allem auf die innere Schwäche Russlands. Was aber umgekehrt der georgische Staatspräsident Saakaschwili wollte, als er dieses große Russland provozierte, bleibe völlig unerklärlich.
Für die Richterin Best ist Saakaschwili ein Diktator, der aus geopolitischen Gründen von den USA unterstützt wird und alle Ansätze einer demokratischen Reform im Inneren zerstört hat. Was keinen russischen Feldzug rechtfertige, aber die georgische Frage weit aus den Betrachtungen der Moral herausrücke. Dazu forderte auch Kaufmann auf: Weder mit Kategorien der politischen Moral noch mit solchen westlicher Politik könne man die georgischen Prozesse begreifen.
Eichwede verwies darauf, dass das russische Insistieren auf dem Unabhängigkeitswillen eines Volkes im Kaukasus große Sprengkraft enthält: Mehr als 100 Völker leben dort, Russland hält ein Drittel seiner Armee präsent, um sie ruhig zu halten. Sie alle könnten sich auf Ossetien berufen.
Bei aller Kritik der imperialen Geste Russlands gegen das kleine wehrlose Georgien mahnte Eichwede, Europa dürfe den Faden nach Moskau nicht abreißen lassen. Auch dürfe der Westen nicht einfach einem Land, das innerlich weit von „Friedensfähigkeit“ entfernt sei, die Mitgliedschaft in der Nato anbieten. Russland, so Eichwede, werde sich Süd-Ossetien über kurz oder lang einverleiben, die „Selbständigkeit“ sei eine Farce. Wer eine „erträgliche Diplomatie“ zu Russland pflegen wolle, müsse das hinnehmen. kawe