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Archiv-Artikel

Nebenabsprachen und Geheimniskrämerei

Mutmaßliche Geheimabsprachen der Hamburger Koalition bringen Regierungsschiff in stürmische Gewässer. Auch zum Thema Elbvertiefung und Haushalt soll es Vereinbarungen geben, die nicht im Koalitionsvertrag stehen

Die ruhigen Zeiten sind vorbei. Kaum ist die Sommerpause zu Ende, da gerät die schwarz-grüne Koalition, der es bisher gelang, sich als Wohlfühlbündnis zu inszenieren, in stürmischeres Fahrwasser. Schon der Ausblick gen Horizont verrät schwerere Stürme: Noch in dieser Woche müssen die Koalitionäre auf einer zweitägigen Haushaltsklausur ein Millionenloch in dreistelliger Höhe stopfen, das durch Altschulden des CDU-Senats und durch die ambitionierten Projekte der schwarz-grünen Regierung in den Hamburger Etat gerissen wird. In der Woche darauf steht die Entscheidung zum Bau des Kohlekraftwerks Moorburg an, eines der umstrittensten Projekte des Regierungsbündnisses.

Doch schon vor diesen Herausforderungen hat das schwarz-grüne Schiff mächtig Schlagseite. Nachdem vergangene Woche ein interner Vermerk über eine Geheimabsprache der Regierungspartner über die Ansiedlung eines Möbelhauses zum Rausschmiss ihres Verfassers, des Wirtschaftsstaatsrates Günther Bonz führte, taucht nun der nächste brisante Geheimvermerk auf. Einem Bericht des Focus zufolge existiert eine Protokollnotiz des Umweltstaatsrates Christian Maaß, nach der die GAL der umstrittenen Vertiefung der Elbfahrrinne zwischen der Hansestadt und der Nordsee nur zustimmte, wenn Hamburg den Plan beerdigt, auch die Fahrrinne von Geesthacht aus in Richtung Magdeburg und Dresden weiter auszubauen und zu vertiefen. Besonders Hamburgs Ex-Wirtschaftssenator Gunnar Uldall (CDU) hatte dieser Maßnahme, die den Containerverkehr der Binnenschiffahrt stromaufwärts gewährleisten sollte, hohe Priorität eingeräumt.

Die von Anja Hajduk (GAL) geführte Umweltbehörde betont, es gäbe keine „Geheimabsprache“ der Koalition zu diesem Thema, verweist aber darauf, dass die Behördenleitung dem Ausbau der Mittel- und Oberelbe ablehnend gegenüberstände. Die Spitzen der Koalition, Bürgermeister Ole von Beust (CDU), CDU-Parteichef Michael Freytag und die GAL-Verhandlungsführerin Hajduk wollten sich bislang zu dem Thema nicht äußern. Christian Maaß war am Sonntag nicht zu erreichen.

Auch der Spiegel berichtet von angeblichen Vereinbarungen, die im Koalitionsvertrag nicht zu finden seien. So seien neben der Elbe-Verabredung auch beim Thema Haushalt „Hintertürchen“ geöffnet worden. Geplant sei, keine neuen Schulden zu machen und deshalb städtischen Gesellschaften kommunale Aufgaben aufzubürden, für die die Unternehmen dann Kredite aufnehmen müssten. So sei die Hafenbahn – das Bindeglied zwischen Containerterminal, Bahnfracht und Straße – veraltet und müsste für 500 bis 700 Millionen Euro saniert werden. Übernähme die Hamburger Hochbahn AG zusätzlich die Hafenbahn, wäre das Investitionsvolumen der Stadt entlastet und der Haushalt bliebe sauber, mutmaßt der Spiegel. Demgegenüber sagte Senatssprecherin Brigitte Köhnlein, es gebe zur Ausgliederung der Hafenbahn keine Nebenabsprachen außerhalb des Koalitionsvertrages.

Marco Carini