alfred gislason, handballtrainer : Der Schatten der Geschichte
Er weiß es natürlich. Der Mann ist Historiker, er kennt sich mit Vergangenheit aus. Die Vergangenheit des Alfred Gislason, Trainer der THW Kiel, heißt Zvonimir „Noka“ Serdarušić. Gislason ist 191 Zentimeter groß und wiegt 110 Kilo, aber der Schatten von Serdarušić ist ziemlich groß. Mit ihm holte der THW Kiel 2007 die Champions League, wurde elf Mal deutscher Meister, zuletzt von 2005 bis 2008, fünf Mal DHB-Pokalsieger, drei Mal EHF-Pokalsieger. Und so weiter.
Einen größeren Schatten im Handball gibt es nicht. Nirgends. Nur wenn Serdarušić eine wirklich große Mannschaft hinterlassen hat, wird sie ihrem alten Trainer nicht hinterher weinen. Schwerer Job, den der Isländer Gislason da hat. Bei seiner Bundesliga-Heimpremiere spielte der THW 28 : 28 gegen den TSV Dormagen, zu Hause, vor 10.250 Zuschauern. Im 14. Spiel holte Underdog Dormagen in Kiel den ersten Punkt – durch einen Siebenmeter in der Schlusssekunde.
Den Kielern fehlte Nikola Karabatić, der beste Handballer der Welt, der mit Muskelanriss im Ellenbogen und Goldmedaille aus Peking zurückkam. Die Mannschaft hat kaum zusammen trainiert, die Olympia-Teilnehmer, sind müde. Aber das interessiert niemanden, alle gucken auf Gislason. Trotz des Supercup-Sieges gegen den Hamburger SV spricht man in Kiel von einem Fehlstart. „Natürlich ist es ein Fehlstart, wenn man im ersten Heimspiel der Saison – egal gegen welchen Gegner – nur unentschieden spielt“, sagte Gislason. THW-Manager Uwe Schwenker, der Gislason nach einem erbitterten Machtkampf mit seinem Ex-Freund Serdarušić für 750.000 Euro aus Gummersbach geholt hatte, „hätte Alfred einen besseren Einstand gegönnt“. Sich auch.
„Das ist eine riesige Enttäuschung“, sagte THW-Kapitän Stefan Lövgren und Torwart Thierry Omeyer meinte: „Wir haben einfach nicht gut gespielt, nicht gut genug im Angriff, wo wir zu viel verschossen haben, und die Abwehr hat leichte Fehler gemacht.“
Am Samstag spielt der THW gegen Balingen-Weilstetten, Abstiegskandidat aus Schwaben. Am Sonntag wird Gislason 49 Jahre alt. Er ist ein Stoiker, das könnte helfen. ROGER REPPLINGER
Fotohinweis:ALFRED GISLASON, 48, warf 1.009 Tore für Island, das er bei der EM 2008 trainierte. Seit elf Jahren Bundesligatrainer. FOTO: DPA