Rabbiner entlassen

Die Hamburger Jüdische Gemeinde wirft ihrem Rabbiner Urkundenfälschung und Betrug vor. Dieser bestreitet die Vorwürfe. Der Gemeindevorstand erwägt, Strafanzeige gegen ihn zu stellen

von FRIEDERIKE GRÄFF

Die jüdische Gemeinde in Hamburg entlässt ihren Rabbiner, Dov-Levy Barsilay. Zudem erwägt der Vorstand, eine Strafanzeige gegen ihn wegen Urkundenfälschung und Betrugs zu erstatten. Das Dokument, das Barsilay als Rabbiner ausweise, sei ungültig. „Das Rabbinat hat uns geantwortet, dass die Unterzeichner gar nicht befugt sind, ein solches Dokument auszustellen“, sagt der Gemeindevorsitzende Ruben Herzberg. Damit kehrt erneut Unruhe in die Gemeinde ein, deren Vorstandswechsel im letzten Jahr von heftigem Streit begleitet war. Dabei hatte der neue dem alten Vorstand unter dem CDU-Abgeordneten Andreas Wankum eine unseriöse Finanzpolitik vorgeworfen, was dieser heftig zurückgewiesen hatte.

Landesrabbiner Barsilay, der seit 15 Jahren in der Hamburger Gemeinde tätig war, widerspricht den Vorwürfen: „Natürlich sind die Dokumente korrekt.“ Er vermutet, dass das eigentliche Motiv für seine Entlassung sein Betriebsrentenanspruch sei, der in drei Wochen wirksam geworden wäre. Dem widerspricht der Gemeindevorstand: „Wir hatten keinerlei Termindruck“, sagt Ruben Herzberg.

Sollten sich die Vorwürfe erhärten, würde ein solcher Rentenanspruch in jedem Fall erlöschen. Herzberg verspricht sich von einer möglichen Strafanzeige eine „objektive Klärung“ des Streits. Der hat mehrere Facetten. Denn das Verhältnis zwischen Rabbiner und Gemeindevorstand war auch durch den Streit um die jüdische Herkunft des ehemaligen Gemeindevorstands Wankum angespannt. Dieser sitzt nun noch im Beirat. Barsilay hatte Wankums jüdische Herkunft bestätigt, sich aber nicht dem Wunsch des Vorstands gefügt, die entsprechenden Dokumente vorzulegen.

Laut Barsilay sind die Informationen „vertraulich“, diejenigen, die nicht unter die Vertraulichkeit fielen, lägen der Gemeinde vor. Herzberg sieht dagegen keine Situation gegeben, „die mit dem Beichtgeheimnis vergleichbar wäre“. Folglich wurde der Rabbiner mehrfach deswegen abgemahnt.

Zweiter Konfliktpunkt waren die hohen Bezüge des Rabbiners, die nahezu im fünfstelligen Bereich liegen und nach Aussage von Herzberg die Gemeindefinanzen belasten. Beide Streitpunkte, so betont er jedoch, „sind nicht Grundlage für unsere Entscheidung, Herrn Barsilay zu entlassen“.

CDU-Politiker Andreas Wankum kritisiert die Entlassung heftig: „So etwas ist in Deutschland noch nicht vorgekommen“. Das Diplom von Dov-Levy Barsilay sei bereits im Jahr 1999 von einem Rabbinat in London geprüft worden. Von einer solchen Prüfung ist dem Gemeindevorstand jedoch überhaupt nichts bekannt.

In der nächsten Zeit wird sich die Gemeinde ohne Rabbiner behelfen müssen. Ruben Herzberg sieht darin kein Problem: „Einen Gottesdienst können wir auch so abhalten“. Für Kultusaufgaben steht ein Hamburger Rabbiner zur Verfügung.