: Blaulicht aus, Tatütata nur leise
Einige Polizisten wundern sich, seit Baden-Württemberg neue Streifenwagen hat: „Das Ding ist nicht ordentlich hörbar“, sagt ein Beamter über die Sirene. Auch mit dem Blaulicht gibt es Schwierigkeiten
VON TIMO HOFFMANN
Die Freude der Beamten währte nur, bis es dunkel wurde. Wenn die Polizisten in Mannheim und Heidelberg ihre schicken neuen blau-silbernen Dienstwagen starteten und neben dem Blaulicht auch das normale Licht einschalteten, geschah Unerwartetes: Das Blaulicht erlosch. Jedes dritte der zehn neuen Fahrzeuge war in Heidelberg betroffen – in ganz Baden-Württemberg trat der Fehler bei 20 Autos auf.
In Baden-Württemberg bereitet die Einführung neuer Polizeiautos ziemliche Schwierigkeiten. Nicht nur, dass das Blaulicht bei einigen Wagen nur funktionierte, wenn das Licht ausgeschaltet ist. Auch die Sirene sei zu leise, beklagen Personalvertreter der Polizei. Es sind laut Gewerkschaft nicht die ersten Probleme mit neuen Fahrzeugen in dem Land.
Nach Darstellung der Gewerkschafter ist die Sirenen-Einrichtung bei den Wagen des Typs VW-Passat Variant unter der Motorhaube anstatt wie bisher auf dem Dach angebracht. Der Klang wurde verändert – zum Schlechten, behaupten Beamte: „Das Ding ist nicht mehr ordentlich hörbar“, sagt Peter Henn, Personalratschef der Heidelberger Polizei. Das erhöhe die Unfallgefahr. Die Konstruktion sei „ohne jegliche Beratung mit uns Praktikern“ angebracht worden. Zumindest bei weiteren Wagen müsse die Sirene verändert werden.
Doch das Innenministerium des Landes wiegelt ab. „Wir können dem nicht folgen und glauben, dass es sich um einen Gewöhnungseffekt handeln wird“, sagt Sprecher Günter Loos. Eine Studie des Polizeitechnischen Instituts der Deutschen Hochschule der Polizei in Münster habe ergeben, dass die Sirenen-Lautstärke für den Bürger unverändert sei. Die Beamten würden aber vor dem Lärm geschützt. Die Studie – bisher unveröffentlicht – war auf taz-Nachfrage bei dem Institut nicht einsehbar. Sie zeige, dass es sich „nur um einen subjektiven Eindruck der Beamten“ handeln könne, behauptet der Ministeriumssprecher. Fehler räumt das Ministerium hingegen im Blaulicht-Fall ein, aber das sei nicht vorhersehbar gewesen: Das verursachende Bauteil sei seit drei Jahren bei Hunderten Fahrzeugen verwendet worden, der Software-Lapsus jedoch erst bei der neuen Serie aufgetaucht. „Das hat man einfach nicht im Griff“, sagt der Sprecher. Nun werde bei den mangelhaften Wagen nach und nach neue Software aufgespielt.
Nicht die ersten Pannen bei neuen Dienstwagen, behauptet der Vize der Deutschen Polizeigewerkschaft Baden-Württemberg, Ralf Kusterer. Bereits in den Vorjahren seien Autos gekauft worden, bei denen sich die Funkgeräte nicht im Autoinneren benutzen ließen. Auch in anderen Bundesländern bereiteten neue Polizeiwagen Probleme – etwa, wenn Polizisten die Motorkraft der Autos nicht gewohnt waren. Vor sechs Jahren schaffte die Berliner Polizei 250 neue, 177 PS starke 5er-BMW an. In zwei Jahren kam es zu mehr als 350 Unfällen mit Reparaturkosten von über einer halben Million Euro – zusätzlich zu 21 Totalschäden. In Hamburg folgte auf die Anschaffung neuer Mercedes-Mannschaftswagen 2005 eine Unfallserie.