: „Gesundheit ist keine Ware“
Mit dem Verkauf des Landesbetriebs Krankenhäuser regiert der Senat gegen das Volk, kritisiert die Gewerkschaft ver.di und macht für ein Volksbegehren zur Rettung der stadtstaatlichen Kliniken mobil. Bis Mai sollen 100.000 Unterschriften vorliegen
Von KAI VON APPEN
Im Konflikt um den vom Rechtssenat anvisierten Verkauf des Landesbetriebs Krankenhäuser (LBK) und seiner sieben Kliniken setzt die Gewerkschaft ver.di jetzt auf die Mobilisierung der HamburgerInnen. „Wir peilen bis Anfang Mai 100.000 Eintragungen für unseren Volksbegehren an“, kündigt ver.di-Landeschef Wolfgang Rose an. Bei 62.000 Unterschriften wäre schon die zweite Hürde für einen Volksentscheid – Losung: „Gesundheit ist keine Ware“ – genommen. Würde die Stadt nicht mindestens die Mehrheitsbeteiligung am LBK halten, wäre dies laut ver.di eine Missachtung der gesundheitspolitischen Daseinsvorsorge. „Der LBK ist Eigentum der Bürger, und der Senat muss kapieren, dass er nicht gegen das Volk regieren kann“, schimpft Rose. Der Senat schätzt den Wert des LBK auf 1,1 Milliarden Euro.
Für ver.di hätte der geplante Verkauf von 75 Prozent der LBK-Anteile an einen „strategischen Partner“ verheerende Folgen. So würde sich die Stadt jegliche Möglichkeit der Steuerung nehmen. „Entscheidungen über Qualität, Standard und die Frage der Standorte – wie die Schließung des Hafenkrankenhaus zeigte – dürfen nicht in die Hände von privaten Konzernzentralen gegeben werden“, mahnt Rose. „Wer die Mehrheit hat, bestimmt die Richtung.“
Für ver.di sind die im LBK zusammengeschlossenen Kliniken mit ihren 13.000 MitarbeiterInnen ein gesunder und moderner Gesundheitsbetrieb, der eigentlich „schwarze Zahlen“ schreibt. Nur weil dem LBK bei der Überführung der stadtstaatlichen in die „öffentliche Körperschaft“ 1996 sämtliche Pensionslasten für ehemalige Klinik-MitarbeiterInnen aufbürdet wurden, sehe die Bilanz negativ aus. „Der frühere Senat hat sich damals aus der Verantwortung gezogen“, wettert Rose in Richtung SPD.
„Die Beschäftigten selbst haben ihren Betrieb für den Gesundheitsmarkt fit gemacht“, betont auch die LBK-Personalratsvorsitzende Katharina Ries-Heidtke. Rationalisierungen und Personalabbau hätten zu einer fast „unerträglichen Verdichtung der Arbeit“ geführt. Das habe der Personalrat nicht alles mitgetragen, damit der Landesbetrieb jetzt an Private verscherbelt werde.
Die Beteuerungen von Finanzsenator Wolfang Peiner (CDU), das Steuerungsrecht der Stadt in der Standortfrage der Kliniken könnte durch Verträge gewährleistet werden, ist für Rose ein leeres Versprechen. „Solche Verträge sind sehr brüchig, strategische Partner lassen sich nicht in unternehmerische Entscheidungen hereinreden.“ Sei die LKB-Mehrheit erstmal verkauft, gebe es auch für eine neue Regierung kein Zurück mehr. Rose: „Der Mehrheitsverkauf wäre eine Jahrhundertentscheidung.“
Mit dem Volksbegehren durch eine Allianz von Bürgern, Patienten und Mitarbeitern möchte der ver.di-Landeschef ein „politisches Signal“ setzen. Für den Fall, dass der Rechtssenat den Verkauf gegen das Votum unter Dach und Fach bringt, ist die Gewerkschaft aber auch tarifpolitisch gewappnet. „Wir möchte nicht über Dinge reden, die wir vielleicht noch im Köcher haben“, gibt sich Rose bedeckt, weist aber dezent darauf hin, dass für eine Privatisierung eine neue Rechtsform notwendig sei, die von ver.di mit einen „Überleitungstarifvertrag“ begleitet werden muss. Schon jetzt gelte bereits der „Überleitungstarifvertrag“ aus der Überführung der Stadtkliniken in den Landesbetrieb, der jedem Beschäftigten beim Verkauf des LBK oder einzelner Kliniken ein Rückkehrrecht in den öffentlichen Dienst garantiert.