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Archiv-Artikel

Das Dosenpfand geht baden

Das neue Pfand für Einwegverpackungen hat sich noch nicht durchgesetzt. Vor allem in kleinen Läden kann der Käufer den Aufpreis umgehen – oder er bekommt sofort das Geld zurück, auch ohne Dose

von AGNES CIUPERCA und FABIAN GRABOWSKY

Kunde: „Eine Dose Cola, bitte“. Verkäufer (grinst): „Mit Pfand oder ohne?“ Kunde: „Naa … geht’s ohne?“ Verkäufer (grinst breiter): „Klar!“

Zwar sind seit 1. Januar für alle Verpackungen von kohlesäurehaltigen Erfrischungsgetränken Pfandzahlungen gesetzlich vorgeschrieben, doch Testkäufe zeigen: Wer nicht zahlen will, kommt auch ohne davon. Dialoge wie der obige an einem Kreuzberger Kiosk sind typisch. Wer kein Pfand bezahlen will, der muss auch nicht. Vor allem Kioske und Imbisse setzen sich großzügig über die neue Regelung hinweg.

Am Halleschen Tor steht das Süd Bistro. 80 Cent kostet eine Dose Cola. „Natürlich ohne Pfand“, lautet die fast empörte Erklärung des türkischen Verkäufers. Auch in einer Dönerbude in Mitte sorgt die Frage nach dem Pfand erst für Verwirrung, dann für große Heiterkeit: „Los, fünf Cent mehr bezahlen!“, feixt einer der Verkäufer aus dem Hintergrund. In der Esso-Tankstelle am Herrmannplatz winkt der Tankwart ab. „Noch gibt’s kein Pfand, nur Müll. Aber das muss nicht breit getreten werden.“ Auch er reicht die Dose ohne Pfand über die Theke.

Ähnlich das Bild in einem kleinen Supermarkt an der Friedrichstraße. Zwar will der Verkäufer eigentlich Pfand kassieren, die Nachfrage beantwortet er aber mit einem vertraulichen Zwinkern. Das Pfand bleibt in der Geldbörse, und der Ladenbeseitzer klagt sein Leid. Wer solle unterscheiden, woher die Dosen kämen. Immerhin gebe es in der näheren Umgebung viele andere Möglichkeiten, Dosen zu kaufen, die dann bei ihm in Pfand eingelöst werden könnten. „Ist halt bescheuert“, sagt er und zuckt lachend mit den Schultern.

Bei besonders pflichtbewussten Verkäufern hilft Verhandlungsgeschick – selbst in großen Handelsketten. In einem Neuköllner Reichelt-Supermarkt bekommt man die Cent gegen Bon wieder ausbezahlt – auch ohne Verpackung und sogar unmittelbar nach dem Kauf: Trotz des Protests einer anderen Kundin gibt der Kassierer das Pfand gleich wieder zurück.

Bei Plus gegenüber versucht man es mit Schikane. Zwar müsse man die Plastikflasche nicht zurückbringen, die blecherne Zwangspfandmarke schon. Geld gibt es aber nur, wenn man irgendeine Verpackung mitliefert. Da reicht eine gefundene Dose.

Im Amt für Abfallwirtschaft weiß der zuständige Verwaltungsbeamte Peer Hannemann noch nichts von solchen Pannen: „90 Prozent der von uns getesteten Läden handeln so, wie es die Verpackungsverordnung vorsieht.“ Allerdings haben Hannemann und sein Kollege in den letzten zwei Tagen erst zehn Märkte besuchen können: „Wir haben nur bei den großen Supermarktketten nachgesehen. Imbisse und kleinere Läden kontrollieren wir, wenn wir mehr Personal haben“, sagt Berlins oberster Dosenwart. Sechs Mitarbeiter sind seinem Referat in den nächsten Tagen noch zugesagt – zudem hofft er auf Hinweise aus der Bevölkerung. Pfandlosen Händlern drohen Bußen zwischen 100 und 15.000 Euro. Hannemann ist aber zuversichtlich: „In drei Monaten wird sich keiner mehr beschweren.“ Einen Trick kennt auch Hannemann: „Manche Imbisse haben Einwegflaschen abgeschafft. Die schenken nun Getränke aus Mehrwegflaschen ein: in Plastikbecher.“

Ganz im Sinne Hannemanns hat eine Ladenbesitzerin an der Torstraße mühevoll Pfandzettel gestempelt. Und sie lässt auch nicht mit sich handeln, schließlich sei sie gesetzlich zum Pfand verpflichtet worden: Man könne die Dose gern wegwerfen. Pfand werde aber kassiert. Andere Supermärkte haben für Klarheit gesorgt – und den Verkauf von Dosen vorläufig eingestellt.

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