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Archiv-Artikel

Die neue Ölpest ist unberechenbar

Die Bewohner der Küstenorte im Nordwesten Spaniens müssen sich auf eine wochen- oder monatelange regelmäßige Verschmutzung der Küste einstellen. Aus riesigen Ölteppichen wurden massenhaft Klumpen

MADRID taz ■ Die vierte Ölpest hat die Küste Galiciens erreicht. Die Bewohner von Muxia, Corme und Camariñas fanden gestern ihre Strände und Felsenküsten erneut schwarz vor. Anders als bei den ersten drei „schwarzen Fluten“ kommt das Schweröl aus dem havarierten Tanker „Prestige“ jedoch nicht in Form von gigantischen Teppichen an. Vielmehr erreichen kleine Flecken und Klumpen die Küste. Die wochenlange Reise auf dem wilden Atlantik hat das Schweröl mit dem Wasser verquirlt. Wurden bisher in einer einzigen Nacht tausende von Tonnen an Land geschwemmt, müssen sich die Bewohner der nordwestspanischen Küste jetzt auf eine wochen- oder gar monatelange Verschmutzung der Küste einstellen.

Alleine diese vierte Welle wird 5.000 Tonnen schwarze Masse bringen. Sie liefen in den sechs Wochen seit dem Untergang der „Prestige“ aus dem Wrack in 3.600 Meter Tiefe aus. Die Hoffnung der spanischen Behörden, die Ladung des Tankers würde sich in so großer Tiefe durch die niedrigen Temperaturen verfestigen, hat sich nicht erfüllt. Da das Öl jetzt nicht mehr in zusammenhängenden Teppichen auf dem Meer schwimmt, ist es viel mehr als bisher Wind und Wellen ausgesetzt. Das macht nach Ansicht der Wissenschaftler des portugiesischen Hydrografischen Instituts die neue Ölpest unberechenbar. Das Öl kann ebenso in die muschelreichen Rías Baixas eindringen, wie es auch nach Frankreich gelangte. Aus dem Wrack treten weiterhin täglich über 150 Tonnen Öl aus. In nur zehn Tagen kann es an die Küste gelangen, so das Ergebnis der Hydrografen.

Die spanischen Behörden widersprachen am Wochenende einmal mehr ihren portugiesischen Nachbarn. Das neue Öl an der Küste stamme nicht aus den ständigen Verlusten des Wracks auf dem Meeresgrund. Vielmehr seien die Klumpen von den vor wenigen Wochen verseuchten Felsen abgespült worden und jetzt erneut an Land gekommen.

Die Versuche, die Risse im Tanker abzudichten, gehen nur schleppend voran. Das dazu eingesetzte französische Mini-U-Boot „Nautile“ muss wegen schlechten Wetters immer wieder im Hafen bleiben. Am Wochenende ging die „Nautile“ erstmals nach zwei Wochen wieder auf Tauchstation. Bisher wurden fünf Risse mit Metallplatten und Säcken voller Späne abgedichtet. Allerdings gelang dies nur in zwei Fällen vollständig. Aus den anderen drei Rissen konnte der Ölstrom nur verringert werden. Die beiden Wrackteile weisen mindestens 20 weitere Risse auf. REINER WANDLER