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Archiv-Artikel

Schröder: Nein zum Nein

Bundeskanzler lässt deutsches Abstimmungsverhalten im UN-Sicherheitsrat zu möglichem Irak-Krieg ausdrücklich offen. Engere Zusammenarbeit mit Frankreich. UN-Inspektionen ausgedehnt

BERLIN/PARIS dpa/rtr/afp ■ Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) will sich für den Fall einer Abstimmung über einen Irakkrieg im UN-Sicherheitsrat nicht auf ein deutsches Votum festlegen. Das Abstimmungsverhalten lege man erst dann fest, wenn man die Rahmenbedingungen kenne, sagte Schröder dem Spiegel und fügte hinzu: „Das Abstimmungsverhalten Deutschlands wird die Position wiedergeben, die wir sowohl vor als auch nach der Wahl vertreten haben.“ Niemand wisse allerdings heute, „ob es zu einer Abstimmung kommen oder worüber abgestimmt wird“.

Die Bundesregierung hat bislang einen Krieg gegen den Irak klar abgelehnt. Schröder bekräftigte: „Wir werden uns an einer militärischen Aktion nicht beteiligen.“ Im Sicherheitsrat setzt Schröder auf gemeinsames Handeln mit Frankreich. Der Kanzler verständigte sich in einem Telefonat mit dem französischen Präsidenten Jacques Chirac auf eine „enge Abstimmung“ im wichtigsten UN-Gremium. Das ständige Sicherheitsratsmitglied Frankreich hat im Januar den Vorsitz inne, den Deutschland dann im Februar übernehmen wird. Frankreich kann im Sicherheitsrat ein Veto gegen Beschlüsse einlegen. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtete, Deutschland und Frankreich seien sich in einem wichtigen Punkt uneins. Französische Regierungsbeamte hätten bestätigt, dass Frankreich für eine Intervention im Irak nach wie vor einen neuen ausdrücklichen Sicherheitsratsbeschluss für notwendig hält – auch bei festgestellten Verstößen des Iraks gegen Abrüstungsauflagen. SPD-Fraktionsvize Gernot Erler sieht die Chance, eine einseitige Aktion der USA gegen den Irak durch eine zweite UN-Resolution verhindern zu können. Deutschland müsse dabei mit den anderen Europäern auf eine gemeinsame Position hinarbeiten, sagte Erler der Financial Times Deutschland.

Die UN-Inspektoren im Irak haben ihre Waffenkontrollen am Wochenende weiter ausgedehnt. Erstmals seit Beginn der Inspektionen nahmen die Experten am Samstag eine Einrichtung im südirakischen Basra unter die Lupe. In der Stadt Mossul nahe der Grenze zur Türkei eröffnete das UN-Kontrollteam seinen zweiten festen Stützpunkt. Am Sonntag passierten zwei US-Kriegsschiffe den Suez-Kanal auf dem Weg in den Persischen Golf, wie die ägyptischen Kanalbehörden mitteilten. Die „USS Briscoe“ und die „USS Henson“ sollten die US-Marineeinheiten in Kuwait verstärken. Die britische Regierung will Presseberichten zufolge 20.000 Soldaten und schweres Kriegsgerät in die Golfregion verlegen. Zudem würden 7.000 Reservisten einberufen. Der türkische Ministerpräsident Abdullah Gül erörterte am Sonntag auf seiner Rundreise durch mehrere arabische Staaten mit dem ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak Möglichkeiten zur friedlichen Beilegung der Irakkrise.

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