Work, live, yacht

Jury prämiert Ideen aus dem Internetforum zur wachsenden Stadt. Jetzt wird Umsetzung geprüft. Förderung von Baugruppen und Wohnprojekten

Häuser gegen Wohnungen zu tauschen, ist sinnvoller als Neubauten

von GERNOT KNÖDLER

Bürgermeister Ole von Beust hat das Ergebnis des Internet-Ideenwettbewerbs www.wachsendestadt.hamburg.de gestern vorgestellt. Fast 4000 Beiträge von mehr als 500 TeilnehmerInnen ordneten die Betreuer der Website 57 Ideen zu, von denen eine Jury fünf unter den Gesichtspunkten Innovation, Realisierbarkeit und Finanzierbarkeit prämierte. Die Sieger durften gestern Mittag mit von Beust speisen und ihre Ideen vorstellen. Bei einem zweiten Treffen, versprach der Bürgermeister, werde geprüft: „Was ist daraus geworden?“

Die Jury aus Oberbaudirektor Jörn Walter, Alexandra Czerner vom Bund Deutscher Architekten (BDA), Werner Marnette vom Industrieverband Hamburg (IVH), Abendblatt-Chefredakteur Menso Heyl und Hellmut Körner vom Planungsstab der Senatskanzlei habe „Ideen, die die Schönheiten und Besonderheiten Hamburgs herausstellen“, ausgewählt, lobte von Beust: den Sprung über die Elbe, Wohnen und Integration, Beleuchtung, Event- und Wohnbrücken sowie eine gläserne Produktionsstätte. Letzteres „würde sich gerade für den Flugzeugbau anbieten, um mit neuen Konzepten Hamburgs Innovationsfähigkeit unter Beweis zu stellen“, frohlockte die Staatliche Pressestelle.

Beim Sprung über die Elbe setzten die Juroren glatt über die Elbinsel hinweg. „Wilhelmsburg bleibt planerisches Neuland“, kritisierte Manuel Humburg vom Forum Wilhelmsburg am Rande der Veranstaltung. Dafür sollen am Harburger Binnenhafen „neue Wohn- und Arbeitslandschaften am Wasser“ geschaffen werden. Tina Schmidt-Nausch, die am Channel Harburg arbeitet, schwärmt von „working, living, yachting“ am Binnenhafen.

Wie ihr Mitstreiter Wolfgang Becker träumt sie von einem Bootshafen für durchschnittlich verdienende Sportsegler. „Ich komme von Norwegen und mache mit meiner Familie eine Woche Urlaub in Hamburg“, phantasiert Becker, der selbst segelt. Die geplante Marina im Grasbrookhafen werde dafür nicht ausreichen. Schmidt-Nausch, Becker und die Jury können sich auch schwimmende Häuser insbesondere für den Hamburger Süden gut vorstellen.

Mit Blick auf das nördliche Elbufer fanden die Juroren die Idee „neuer Event- und Wohnbrücken“ reizvoll. Mobile Brücken und Stege könnten Ausstellungen, Cafés, Läden und Wohnungen aufnehmen. Womöglich könne eine hanseatische ponte vecchio dem Florentiner Original Konkurrenz machen.

Nächtliche Ausstrahlung soll die Stadt durch geschickte Beleuchtung gewinnen: Vorgeschlagen wurden Laserstrahlen, die Harburg mit Hamburg verbinden, und illuminierte Industrie-Areale wie im Ruhrgebiet. Eine Schau-Beleuchtung für die Speicherstadt gibt es bereits. Für die Kais der westlichen HafenCity hatte einer der Preisträger des Freiflächen-Wettbewerbs ein Lichtband vorgeschlagen.

Als innovativ, realisierbar und finanzierbar wertete die Jury schließlich den Vorschlag, die Wohnungsbauförderung stärker für das Zusammenleben Junger und Alter, Armer und Reicher, Behinderter und Nichtbehinderter einzusetzen. „Die Förderung von Baugruppen und Wohnprojekten kann dazu beitragen, das Leben in einer Metropole lebenswert, nachbarschaftlich und sozial zu gestalten“, lobt die Staatliche Pressestelle.

Susanne Tilgner trug hierzu die Idee eines Wohnungstausches zwischen Alt und Jung bei. Es müssten für alte Menschen Anreize geschaffen werden, aus ihren zu groß gewordenen Häusern auszuziehen und in Wohnungen mit guten Betreuungsmöglichkeiten umzuziehen. Das zu unterstützen, so Tilgner, sei „sinnvoller, als ständig neu zu bauen“.