: Achterbahn zur WM
Der finanziellen Konsolidierung des Handball-Verbandes soll in Portugal ein Spitzenplatz des Teams folgen
STUTTGART taz ■ Ein wenig schien es, als wollte die deutsche Handballnationalmannschaft der Herren zum Auftakt der Vorbereitung für die am 20. Januar beginnende Weltmeisterschaft in Portugal noch einmal im Zeitraffertempo die gesamte Geschichte ihres Dachverbandes (DHB) demonstrieren. So gab es am Sonntag im Finale des dreitägigen Universa-Cups in Stuttgart zwar doppelten Grund zur Freude, da die Handballer sich mit einem knappen 26:25 gegen die starken Ungarn den Turniersieg sicherten und somit das tausendste Hallenhandball-Länderspiel seit 1938 gebührend befeiert werden konnte. Doch der Turnierverlauf war ähnlich wie die Verbandsgeschichte, die einer Achterbahnfahrt gleicht.
Allein in den vergangenen 25 Jahren hat der Deutsche Handball-Bund alle vorstellbaren Höhen und Tiefen erlebt: Der Gewinn des Weltmeistertitels 1978 in Dänemark gegen die UdSSR, der Absturz in die C-Gruppe 1989 in Frankreich, der enttäuschende 10. Platz der ersten gesamtdeutschen Mannschaft nach der Wiedervereinigung bei den Olympischen Spielen 1992 in Barcelona und ganz aktuell Vize-Europameister in Schweden im vergangenen Jahr. Eine Zeit, die auch der seit 1997 im Amt befindliche Bundestrainer Heiner Brand und der im Herbst vergangenen Jahres zum DHB-Vizepräsident Leistungssport gewählte Horst Bredemeier hautnah miterlebten. Brand stand als Kreisspieler und Abwehrchef selbst im 78er-Weltmeisterteam, und Bredemeier – Nationaltrainer von 1989 bis 92 – hatte die undankbare Aufgabe, das eher nach Kriterien der sportpolitischen Korrektheit denn nach Leistung aufgestellte Olympiateam nach Barcelona zu führen.
Die aktuelle Zielsetzung skizziert Horst Bredemeier wie folgt: „Wir wollen uns als Mannschaftssportart Nummer zwei hinter dem Fußball positionieren. Dazu brauchen wir eine schlagkräftige Nationalmannschaft, die sich unter den ersten sechs in der Welt etabliert. Das ist uns zuletzt gelungen und das ist auch das Ziel für die WM in Portugal.“ Dass es für die Umsetzung ambitionierter Ziele heutzutage aber nicht nur sportlich, sondern vor allem finanziell stimmen muss, wissen die DHB-Verantwortlichen nur allzu gut und haben ihre Hausaufgaben gemacht. Bereits vor dem Turnier gaben Bredemeier und Präsident Strombach die Vertragsverlängerung mit dem Ausrüster Uhlsport (mit der explizit für den Handball kreierten Marke Kempa) und mit sichtbarer Freude die Neugewinnung des Hauptsponsors CMA (Centrale Marketing-Gesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft) bekannt. Keine Namen, die den Handball im Glanze national und international bekannter Firmen wie der ehemaligen Sponsoren Nike und Krombacher erscheinen lassen. Aber in Zeiten konjunktureller Schwäche kann sich kein Sportfunktionär mehr erlauben, auf die Taube auf dem Dach zu spekulieren, schon gar nicht, wenn man es wie beim DHB endlich geschafft hat, die finanziellen Altlasten seiner Vorgänger abzubauen.
Sportlich soll es nun möglichst genauso erfolgreich weitergehen wie bei der Europameisterschaft in Schweden im vergangenen Jahr, wo dem Gastgeber denkbar unglücklich und erst in der Verlängerung des Finales der Titel überlassen werden musste. Außer dem noch verletzten Daniel Stephan wurden in Stuttgart, wo außer Ungarn und dem deutschen A-Team noch Deutschland B, das den dritten Platz belegte, und die international zurzeit keine Rolle spielenden Tschechen teilnahmen, noch der zweite Spielmacher Marcus Baur und ihr Lemgoer Mannschaftskamerad Volker Zerbe vermisst. Letzterer ist für das deutsche Nationalteam so unverzichtbar, dass ihm der Sonderstatus eingeräumt wird, erst am 15. Januar zur Mannschaft stoßen zu müssen.
Baur verletzte sich gleich zu Anfang und konnte aber im Finale wieder eingesetzt werden, wo er deutlich Akzente zu setzen vermochte und wesentlichen Anteil an der Leistungssteigerung des deutschen Teams hatte. Nach dem Turniersieg schätzte Stephan den Leistungsstand seines Teams nüchtern ein: „Wir sind am Anfang der Vorbereitung auf die WM, und das war ein gelungener Auftakt. Sicherlich müssen wir uns noch steigern, aber wir hatten auch nur drei Tage Pause nach der Bundesliga.“
ANKE BARNKOTHE