US-Regime mit Saddams Beamten

Die USA wollen nach einem gewonnenen Irakkrieg noch mindestens eineinhalb Jahre mit starken Militäreinheiten im Land bleiben, um den Wiederaufbau nach dem Sturz Saddam Husseins zu kontrollieren, meldet die „New York Times“

von BERND PICKERT

In den USA gehen die Überlegungen weiter, was nach einem Sturz des irakischen Staatschefs Saddam Hussein mit dem Land geschehen soll. Die New York Times berichtet in ihrer gestrigen Ausgabe, entgegen dem erklärten Credo der Regierung des US-Präsidenten George W. Bush, das US-Militär möglichst nicht zum Nation Building einzusetzen, sollten die US-Truppen nach einem Sieg noch mindestens 18 Monate im Land bleiben. Das gehe aus zum Teil streng geheimen Plänen hervor, die der nationale Sicherheitsstab des Präsidenten seit Monaten ausarbeite.

Demnach solle nach dem Sturz Saddams das US-Militär dafür sorgen, die Integrität des nationalen Territoriums des Irak zu gewährleisten – eine klare Absage an etwaige Separationsbestrebungen der Kurden im Nordirak –, die militärische Kontrolle ausüben und gegen alle führenden Mitglieder des derzeitigen irakischen Regimes vorgehen.

Die Wirtschaft und die zivile öffentliche Hand sollte den Plänen zufolge unter eine womöglich von den Vereinten Nationen zu benennende Übergangsverwaltung gestellt werden – wobei im Prinzip die Grundstruktur und das Personal der derzeitigen Regierung erhalten bleiben sollte. „Regierungselemente, die sehr eng mit Saddams Regierung identifiziert werden können, sowie die Revolutionären Gerichtshöfe oder der Sicherheitsdienst werden eliminiert werden, aber der größte sonstige Teil der Regierung wird reformiert und erhalten werden“, heißt es in den US-Regierungsplänen nach Angabe der New York Times.

Am schwersten täte sich die US-Regierung danach damit, eine Politik für den Umgang mit dem irakischen Öl zu finden. Zwar sieht jedes denkbare Invasionsszenario den Versuch vor, die Ölfelder vor der Zerstörung zu bewahren, doch wer im Anschluss die Produktion kontrollieren soll, ist noch umstritten. Dabei ginge es der Bush-Regierung auch darum, den Eindruck zu vermeiden, sie sei in Wirklichkeit nur an der Kontrolle der irakischen Ölvorkommen interessiert, immerhin den zweitgrößten der Welt nach Saudi-Arabien.

Ebenso wichtig sei es, den Eindruck eines Kolonialregimes zu vermeiden, zitiert das Blatt nicht näher benannte führende US-Regierungsbeamte. Es sei indes dennoch nicht vorgesehen, die Regierungsgewalt schon in einem frühen Stadium etwa an eine noch zu bildende Exilregierung abzugeben. Die verschiedenen politischen Kräfte des irakischen Exils hatten sich kürzlich in London getroffen. Sie konnten sich jedoch in wichtigen Fragen der Ausgestaltung einer Nach-Saddam-Ära nicht einigen.

Wie die New York Times an die Pläne gekommen ist, führt das Blatt nicht aus. Es ist deshalb davon auszugehen, dass auch diese Informationen aus Regierungskreisen, wie schon in den vergangenen Wochen immer wieder inoffizielle Bewertungen der irakischen Waffenprogramme, gezielt gestreut worden sind. Immerhin entgeht die Bush-Regierung so der immer wieder auch aus dem Ausland geäußerten Befürchtung, sie steuere auf einen Krieg zu, ohne sich über Szenarien danach Gedanken zu machen.