vorlauf : USA in Bosnien
„Doppeltes Spiel“, 0.00 Uhr, ARD
Um ihr den UNO-Vereinbarungen strikt entgegenstehendes Ziel „lift and strike“ (zu Deutsch: „helfen und zuschlagen“) im Bosnienkrieg doch noch zu verwirklichen, waren die Amerikaner offenbar zu allem bereit. Mit welcher Konsequenz sie dies taten, dokumentiert Sheena McDonald eindrucksvoll: Hohe UNO-Generäle, Chefärzte, Piloten und Verteidigungsexperten reden im Film Klartext. Der Tenor ist stets derselbe: Ihren humanitären Aufgaben hätten sich die Amerikaner entzogen; stattdessen lieferten sie einseitig Waffen an bosnische Kroaten und Muslime, die diese wiederum gegen eine UNO-Panzer-Patrouille richteten oder sich aber generell kriegsverlängernd ausgewirkt hätten. Um die eigenen Aktivitäten zu vertuschen, seien die europäischen Bündnispartner von amerikanischen Geheimdienstagenten ausspioniert und auf jedwede Art ausgetrickst worden. Nachrichtensperren seien verhängt, Telefonanlagen verwanzt und verschiedene andere Betrugsmanöver durchgeführt worden.
McDonalds Film ist gerade in Zeiten wichtig, in denen die USA ihre europäischen Bündnispartner drängen, in einen Irakkrieg einzuwilligen, und die deutsche Bundesregierung trotz anders lautender Wahlversprechen eine gar wankelmütige Figur abgibt. Doch wie so oft: Mutige und kompetente Fernsehautoren recherchieren aufwendig, um den öffentlich-rechtlichen Informationsauftrag zu erfüllen. Doch die ARD konterkariert diesen Einsatz engagierter Journalisten, indem sie deren Filme auf nachtschlafende Sendezeit verbannt, zu der kein Mensch mehr Fernsehen schaut. Auch so kann man die Demokratie der elektronischen Medien unterlaufen und die junge Generation zu der Auffassung bringen, das Fernsehen sei eine reine Comedy- und Quatsch-Produktionsanstalt. Was andernorts, versteht sich, immer wieder gern in allgemeinpolitischen Statements heuchlerisch eingeklagt wird.
Aber nun zum Erkenntniswert des Films. Wer ihn nicht sieht, wird nicht erfahren, wie fragil das Nato-Bündnis wegen der Europäer im Bosnienkrieg ist. Und auch nicht, wie viele Menschen dort sterben mussten, weil die USA sich nicht an das Embargo hielten.
GITTA DÜPERTHAL