: Abmahnanwalt wegen Betrugs hinter Gitter
Das Landgericht Berlin schickt den Münchner Rechtsanwalt Günter Freiherr von Gravenreuth für vierzehn Monate in Haft. Er habe sich mit falschen Behauptungen widerrechtlich am Vermögen der taz bereichern wollen, so die Richter
BERLIN taz ■ Der als „Abmahnanwalt“ berüchtigte Münchner Rechtsanwalt Günter Freiherr von Gravenreuth hat im Streit mit der taz die Berufung verloren. Das Landgericht Berlin verurteilte ihn am späten Mittwoch zu einer Haftstrafe von 14 Monaten ohne Bewährung. Die Richter sahen es als erwiesen an, dass sich Gravenreuth des versuchten Betrugs schuldig gemacht hat.
Gravenreuth war 2007 vom Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg wegen Betrugs zu einer Haftstrafe von 6 Monaten ohne Bewährung verurteilt worden. Taz-Anwalt Jony Eisenberg hatte ihn angezeigt, nachdem Gravenreuth wahrheitswidrig behauptet hatte, eine von der taz an ihn gezahlte Abmahnungsrechnung nicht erhalten zu haben.
Im Frühjahr 2006 hatte Gravenreuth die taz abgemahnt, weil er ungewollt eine E-Mail für eine Bestellung des taz-Newsletters erhalten hatte. Das Gerichtsverfahren verlor er. Obwohl die taz die geforderten Abmahnkosten an Gravenreuth bezahlt hatte, versuchte dieser, die Webdomaine taz.de zu pfänden.
Vor dem Amtsgericht behauptete er, wegen des Durcheinanders in seiner Kanzlei habe er das taz-Schreiben und die Zahlung übersehen. Die Richterin nahm ihm diese Ausrede nicht ab. Um das angebliche Chaos in der Kanzlei ging es auch in der Berufungsverhandlung. Zwei Zeugen der Verteidigung waren nicht erschienen. Einer teilte dem Gericht per Fax mit, dass ihn ein „seit Jahren“ funktionierender Wecker im Stich gelassen habe. Prozessbeobachter werteten das als ein Manöver der Verteidigung, um Verhandlungsspielraum gegenüber dem Richter zu gewinnen. Dieser könnte eine Verurteilung in München, die Gravenreuth im Februar 2008 wegen Veruntreuung von Mandantengeldern eine Bewährungsstrafe einbrachte, mit der 2007 in Berlin verhängten Strafe zusammenziehen. Mit dem Angebot, auf die ausgebliebenen Zeugen zu verzichten, könnte die Verteidigung versuchen, als Vergleich eine Gesamtstrafe auf Bewährung herauszuholen.
Die Staatsanwaltschaft ließ sich nicht beeindrucken und forderte unter Einbeziehung früherer Verurteilungen eine Gesamtstrafe von 14 Monaten. Das Gericht folgte dem Antrag: Der Angeklagte habe mit hoher „krimineller Energie“ versucht, sich mit falschen Behauptungen am Vermögen der taz zu bereichern. Nur weil sich die taz durch ihren Anwalt Jony Eisenberg mit allen Mitteln juristisch wehrte, sei dies verhindert worden. Gravenreuth wird in Revision gehen.
MATHIAS BRÖCKERS