Glanz gegen den Niedergang: Ein Bildband beleuchtet Berlins Geschichte des Lichts

Hätte es in diesem Jahr nicht die eindrucksvolle Weihnachtsbeleuchtung am Ku’damm und Unter den Linden gegeben – man wäre tatsächlich geneigt gewesen, den Leuten in Shanghai zu glauben, die Deutschland zum recently declining country erklären. Denn: ohne Licht keine Metropole. Weil Licht als Verausgabung, Verschwendung, als schierer Luxus ihr Signum ist.

Schon einmal trotzte Berlin mit viel Licht dem Niedergang. Im Oktober 1928, zu Beginn der Weltwirtschaftskrise, organisierten Handel und Industrie die Aktion „Berlin im Licht“. Dabei wurden bekannte Fotografen, darunter Erich Salomon, Raoul Haussmann oder Friedrich Seidenstücker beauftragt, die beleuchteten Straßen, Fassaden und Plätze aufzunehmen. Diese Nachtaufnahmen – damals noch eine fototechnische Herausforderung – gelten bis heute als Dokumente der neusachlichen Stadtfotografie. Janos Frecot und Klaus-Jürgen Sembach haben nun die Bilder der Berliner Lichtwoche wieder aus den Archiven geholt und diese in ihrem Bildband „Berlin im Licht“ (Nicolai Verlag 2002, 167 Seiten, 95 Duotone-Abb., 24, 90 €) klugerweise um weitere wichtige Fotos ergänzt, zu einer Geschichte des urbanen Lichts. Schließlich zeigen die Flakscheinwerfer des speerschen Lichtdoms, die dann im Krieg den Himmel über der brennenden Stadt nach Bombern absuchten, gleichfalls Berlin im Licht. Ebenso spezifisch für die Stadt, aber in den Fotografien vom neuen nächtlichen 50er-Jahre-Schick Berlins nicht dokumentiert: wie die eine Hälfte der Stadt nachts in schwärzeste Dunkelheit versank. Vielleicht nur logisch, denn: „Man siehet die im Licht, die im Dunkeln sieht man nicht“ (Bertolt Brecht).BRIGITTE WERNEBURG