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Archiv-Artikel

CSU verliert die Volksabstimmung

Keine Unterstützung für Referendum über EU-Beitritt der Türkei: Auch CDU-Politiker lehnen CSU-Vorschlag ab. Nun will Stoiber die Europawahl 2004 in Volksentscheid umfunktionieren. Von Rot-Grün verlangt der CSU-Chef einen Fünf-Jahres-Steuerplan

von LUKAS WALLRAFF

Die CSU hat sich einiges vorgenommen im neuen Jahr. „Alle Gesetze und Vorschriften in Deutschland gehören auf den Prüfstand“, heißt es in einem „Plan zur Sanierung Deutschlands“, den sie gestern auf der Klausurtagung in Wildbad Kreuth präsentierte. Der erste Schuss ging allerdings nach hinten los. Die Forderung von CSU-Landesgruppenchef Michael Glos nach einer Volksabstimmung über einen EU-Beitritt der Türkei stieß in der Union auf Ablehnung. Man sei „ohne solche Instrumente der Volksabstimmung bisher gut gefahren“, betonte der niedersächsische CDU-Spitzenkandidat Christian Wulff bei seinem Besuch in Kreuth.

Auch Exminister Volker Rühe und der europapolitische Sprecher der CDU-Bundestagsfraktion, Peter Hintze, halten nichts vom Referendum. „Wir sind es gewohnt, dass die CSU etwas knackiger formuliert“, sagte Hintze der taz. Über eine EU-Ausweitung das Volk zu befragen, geht Hintze jedoch zu weit. Die Frage eines möglichen Beitritts der Türkei ist für den früheren CDU-Generalsekretär „ein klassischer Fall für die repräsentative Demokratie, wo in vernünftiger Abwägung aller Gründe und nach langer Begleitung des politischen Prozesses dann die Verantwortlichen zu entscheiden haben“.

Im Gegensatz zur CSU will sich Hintze noch nicht festlegen, wie diese Entscheidung eines Tages ausfallen sollte. „Ich finde, dass diese Frage im Kontext der Zukunft entschieden werden muss.“ Zunächst müsse man abwarten, wie erfolgreich die EU-Osterweiterung verlaufe und welche Verfassung sich Europa gebe. Dann könne man prüfen, ob die Türkei in der Lage sei, die politischen und wirtschaftlichen Beitrittskriterien zu erfüllen.

Für die CSU ist die Sache schon jetzt klar. Europa ende „am Bosporus“, stellte Landesgruppenchef Glos am Dienstag fest. Nach den Reaktionen aus der Schwesterpartei wollte CSU-Chef Edmund Stoiber gestern jedoch von einer Volksabstimmung nichts mehr wissen. Stattdessen will er nun die Europawahl 2004 in eine Art Abstimmung über die Aufnahme der Türkei in die EU umfunktionieren. Die Union werde deutlich machen, dass eine Stimme für die SPD bei der Europawahl zugleich eine Zustimmung zum EU-Beitritt der Türkei sei, sagte Stoiber in Kreuth. Wer für die Union votiere, spreche sich dagegen aus.

Innenpolitisch betonte Stoiber Konsensbereitschaft. „CDU und CSU haben die Aufgabe, als konstruktive Opposition an der Sanierung Deutschlands mitzuarbeiten. Das tun wir.“ Besonders in der Steuerpolitik müsse aber eine „absolute Verlässlichkeit“ gelten. Die CSU fordert von Rot-Grün deshalb, „umgehend einen Steuerabbauplan für die nächsten fünf Jahre“ vorzulegen, der „unabhängig von äußeren Einflüssen und Naturkastrophen“ eingehalten werden müsse. In der Gesundheitspolitik spricht sich die CSU erneut für „eine angemessene Selbstbeteiligung bei Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen“ aus. Auf dem Arbeitsmarkt müsse „das Tarifvertragsrecht flexibler“ werden.

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