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Archiv-Artikel

Heiß aufs Schlittschuhfahren

Aus haftungsrechtlichen Gründen geben viele Kommunen ihre Eisflächen nicht mehr offiziell frei. In Bremen ist alles beim alten, häufig heißt es nur noch „auf eigene Gefahr“

Zwischenzeitlich taut es schon wieder, doch die nächsten trittfesten Eisflächen in Norddeutschland kommen bestimmt. 15 Zentimeter Eisdicke bei stehenden Gewässern empfiehlt die Deutsche Lebensrettungsgesellschaft (DLRG). Nur – wann sind die erreicht? Die Praxis der Stadtverwaltungen, ihre Eisflächen nach eigenen Messungen freizugeben oder zu sperren, ist in vielen Kommunen Vergangenheit. Inzwischen befindet sich an immer mehr Seen lediglich ein Schild: „Betreten auf eigene Gefahr. Lebensgefahr!“

Noch nicht in Bremen. Wie Hans-Peter Weigel vom Umweltressort des Senats bestätigte, wird die Eisdecke der Bremer Gewässer regelmäßig gemessen und werktäglich aktualisiert. Anhand dieser Zahlen werde dann über Freigabe oder Sperrung entschieden. Im Internet oder über eine Telefonhotline können sich BremerInnen über den neusten Stand informieren. Doch Weigel zweifelt an einer gesicherten Zukunft der Messungen: „Ob wir einen solchen Service auch weiterhin aufrechterhalten können, ist angesichts unserer personellen Lage eher fraglich.“ Vorbild könnten Städte wie Oldenburg und Wilhelmshaven sein, die ihre Eisverordnungen vor einigen Jahren aus haftungsrechtlichen Gründen gekippt haben.

Die Haftung ist offensichtlich ein theoretisches Konstrukt, denn verklagt wurde bis jetzt keine der Städte. Eher spielten finanzielle Gründe bei der Entscheidung der hochverschuldeten Städte eine Rolle, wie Oldenburgs Stadtsprecherin Christiane Maaß bestätigt: „Personell und technisch sind wir einfach nicht mehr in der Lage, diese Dienstleistung weiter anzubieten.“ Doch gemessen und über die Presse veröffentlicht wird noch: In Wilhelmshaven an allen, in Oldenburg an den vier wichtigsten Gewässern.

Eine Empfehlung zum Betreten wird es aber auch dann nicht geben, wenn das Eis 15 Zentimeter erreicht. Ganz auf Messungen verzichtet seit dem letzten Eiswinter 1997/98 der Landkreis Ammerland, unter dessen Hoheitsbereich auch das Zwischenahner Meer fällt. Die beliebteste Eislauffläche der Region lockte in früheren Jahren bis zu 20.000 Menschen täglich an. Teile des Meeres, die brüchig waren, wurden abgesperrt. Doch jetzt klärt die Kufensportler nur noch das Schild am Ufer auf. „Die Schilder suggerieren, dass das Eis hält“, kritisiert Ralf Zimmermann von der DLRG. „Wenigstens Probemessungen könnte die Gemeinde durchführen, damit die Leute Anhaltspunkte haben.“ Zwei Tage vor Heiligabend hat es das erste Mal gekracht. Da haben Zimmermann und seine Kollegen nach 30 Minuten Kampf gegen das brüchige Eis einen Mann aus dem Wasser gefischt, der in eine nur oberflächlich gefrorene Fläche gefahren war.

Gewohnte Verhältnisse gibt es aber auch noch: In Delmenhorst und Bremerhaven bleibt alles beim Alten. „Die Bürger sind einfach heiß aufs Schlittschuhfahren. Das können wir denen doch nicht wegnehmen“, sagt Leroy Czichy vom Bremerhavener Gartenbauamt. „Man muss sich auch überlegen, wie selten es überhaupt Eis gibt. Für die paar Tage können wir andere Arbeiten kurz aufschieben.“ Ole Rosenbohm

Info-Telefon: 361 55 00. Im Netz: www.umwelt.bremen.de