: T-Shirt-Zeit beginnt
Stimmungen, Schlagabtäusche, T-Shirts: Der „Alternative Neujahrsempfang“ der Kulturinitiative „Anstoß“
taz ■ T-Shirt an, T-Shirt aus, T-Shirt an: Kultursenator Kuno Böse hat es nicht leicht mit der Bremer Kulturszene und ihren Kulturhauptstadt-Textilien, auf denen sie – die offizielle Kulturverwaltung überflügelnd – ein Logo für die Bremer Bewerbung für 2010 präsentierte.
Die Kulturinitiative „Anstoß“, seit sieben Jahren als Sprachrohr der Bremer Kulturszene aktiv, hatte zum „alternativen Neujahrsempfang“ in die Galerie Rabus geladen, und alle – wirklich fast alle – waren gekommen. Bürgermeister Henning Scherf zeigt T-Shirt-Konstanz, was freilich damit zusammenhängen mag, dass sich das aufgedruckte Symbol – die Domtürme mit ganz viel Bremer Himmel – problemlos für den ihm so wichtigen Kirchentag in Bermen recycelt werden könnte.
Der Grund für Böses Ärger: Galeristin Katrin Rabus, eine der „Anstoß“-SprecherInnen, wies auf die gerade „verpasste Chance“ hin, den Kultureinrichtungen mit Hilfe von dreijährigen „Kontrakten“ Planungssicherheit zu geben und benannte „Haken“ bei denen sich jetzt abzeichnenden Bedingungen für Bremen als „Kulturhauptstadt Europas“ 2010. Zum ersten dürfe es nicht dabei bleiben, dass der größte Teil der Kultureinrichtungen seine Tarifsteigerungen selbst erwirtschaften müsse. Weiter löse die im vorläufigen Bewerbungskonzept häufig genannte „Änderung des Kulturbegriffs“ Skepsis aus, zumal sie in Verbindung mit den Vokabeln Kommerz, Technologie- und Tourismusförderung stehe. Bei aller Bündnisnotwendigkeit: Kultur „im engsten Sinn“ sei „Kreativität um ihrer selbst willen“, also etwas völlig anderes als die Förderung eines Technologie-Standortes.
Als diese Worte verklangen, hatte sich auch Klaus Sondergeld, Chef der Bremer Marketing Gesellschaft (BMG) und wesentlicher Autor des offiziellen Hauptstadt-Strategiepapiers, sein T-Shirt ausgezogen und war gegangen – und hatte keinen hinterhereilenden Sprecher, der zum Bleiben überreden und das T-Shirt zurechtzupfen konnte. Carmen Emigholz, kulturpolitische Sprecherin der SPD, wirbt um Verständnis für die Turbulenzen: „Es wird oft unterschätzt, in welchen komplizierten Arbeitsprozessen die Akteure stecken und welchem Druck von verschiedensten Seiten sie ausgesetzt sind.“
Von komplizierten Verhältnissen beengt sieht sich freilich auch Festredner Wulf Herzogenrath. Der Kunsthallen-Direktor kann zwar stolz auf die Bilanz der Van-Gogh-Ausstellung als bestbesuchte deutsche Museums-Schau 2002 verweisen – und muss trotzdem um die Verlängerung der Verträge für die erst vor kurzem eingerichteten beiden Stellen für Museumspädagogik und Öffentlichkeitsarbeit kämpfen. Herzogenrath: „Wir unterstützen die Kulturhauptstadt-Bewerbung mit allen Kräften, aber wir brauchen Verlässlichkeit. Sonst haben wir eine Alibi-Funktion.“
Und Böses T-Shirt? Nur, um es Jörn Christiansen zu überlassen, habe sich der Senator des Textils entledigt, erklärte dessen Sprecher Markus Beyer. Der Direktor des Bremer Landesmuseums habe es unbedingt archivieren wollen – als „zeitgeschichtliches Dokument“.
Henning Bleyl