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Archiv-Artikel

„Wir konzentrieren uns auf das Kerngeschäft“

Die Stiftung Stadtmuseum sucht nach Auswegen aus der Krise und will Standorte dichtmachen. Sportmuseum soll unter nationalem Dach aufblühen

Wenn sich Museumsdirektoren vor dem Parlamentsausschuss für kulturelle Angelegenheiten einfinden, ist die Klage meist immer dieselbe: kein Geld, keine Räume und keine Zukunft. Reiner Güntzer, seit der Niederlage gegen das Land um die Zuständigkeit für das Jüdische Museum regelrecht „traumatisiert“, wie Kultursenator Thomas Flierl (PDS) am Montag vor dem Gremium sagte, machte da gestern keine Ausnahme – und doch aus der Not eine Tugend: „Die Situation der Stiftung Stadtmuseum ist schwierig“, betonte deren Direktor. Es seinen mangels Geld und nötiger Investitionen geradezu „katastrophale“ Bedingungen für seine Häuser, die Sammlungen und viele der Mitarbeiter entstanden. Dennoch könnte mit einem veränderten „und kreativen“ Standortkonzept und einer viel beachteten Ausgrenzungsidee der Stiftung für das Sportmuseum wieder Schub verliehen werden.

Dass die Stiftung Stadtmuseum einen schwerfälligen Tanker manövrieren muss, der aus dem Märkischen Museum, den Museen Nikolaikirche, Ephraim-Palais, Nicolaihaus, Knoblauchhaus, der Sammlung Kindheit und Jugend im Museum Galgenhaus, dem Freilichtmuseum Domäne Dahlem und dem Museumsdorf Düppel sowie dem Sportmuseum Berlin, der Naturwissenschaftlichen Sammlung, dem Handwerks- und Friseurmuseum und schließlich dem Museum Schloss Friedrichsfelde und dem Grünauer Wassersportmuseum besteht, ist kaum so detailliert benannt worden. Mehr bekannt ist Güntzers „Masterplan“ für die Stiftung, der mit einem „Gesamtinvestitionsvolumen“ von 75 Millionen Euro die Museumsarbeit wieder auf Vordermann bringen könnte. Doch davon sei „angesichts der Haushaltslage“ wenig realisiert worden, erinnerte der Direktor – das Märkische Museum einmal ausgenommen.

„Bewegung“ für die Stiftung sieht Güntzer nun in einer „Konzentration“ und der Fokussierung auf so genannte „Kernstandorte“. Dabei sollen die kleinen Museen – das Handwerksmuseum (Marzahn) und die Schulsammlung in der Wallstraße – geschlossen und die Ausstellungsbereiche Märkisches Museum, Nikoleikirche, Düppel und Friedrichsfelde gestärkt werden. Sicher, es gehe um die Revision eines „dezentralen Konzepts“, das Standorte in der City bevorzuge. Was aber so weit außerhalb liege und unterdurchschnittlich besucht würde, verdiene keine weiteren Anstrengungen – eine Haltung, die insbesondere die PDS nicht teilen wollte.

„Unterstützung“ von allen Fraktionen sowie dem Kultursenator erhielt Güntzer schließlich für den Vorschlag, das Sportmuseum aus der Stiftung auszugründen und es unter dem Dach einer nationalen Stiftung endlich Realität werden zu lassen. Seit 1990 dümpelt das Museum mit einer unendlichen Fülle (insbesondere aus der Übernahme der DDR-Sportsammlung) von Geräten, historischen Dokumenten und privaten Spenden in drei Räumen auf dem Olympiastadiongelände. Weder das Land noch die Stiftung und schon gar nicht das Sportmuseum selbst, so Güntzer, waren in den vergangenen Jahren in der Lage, den mittlerweile „zu einem großen nationalen Sammlungsprojekt“ gewachsenen Fundus angemessen unterzubringen.

Gemeinsam mit den beiden Sportsammlungen in Köln und in Leipzig, die vor Ort jeweils erhalten werden sollten, könnte – vergleichbar dem Konzept der Post, Ausstellungshäuser in Frankfurt, Nürnberg und Berlin für ihre historischen und aktuellen Exponate aufzubauen – eine „derart große Lösung“ auch für den Sport gefunden werden. Dass Güntzer etwas verliert, weiß er. Doch wo nichts zu machen ist, ist weniger manchmal mehr – und man umgeht vielleicht eine zweite Traumatisierung. ROLF LAUTENSCHLÄGER