: berliner szenen Helge Schneider
Ist nicht Dennis Quaid
Wir liefen rasant über die Straßenkreuzung. Ausgelassene Stimmung weit und breit, Touristenströme zogen durch die angenehm milde Nacht, und auch wir waren guter Dinge. „Guck mal, Helge Schneider!“, sagte einer der Unseren, und tatsächlich sah der zerzauste Wunderling an der Ampel dem Humoristen ähnlich.
Alle lachten, nicht übermäßig, eher kurz und hell, denn für mehr Gelächter hatte der lockere Spruch nicht das nötige Fundament. Dennoch hatte ich die Situation noch im Hinterkopf, als wir am White Trash vorbeiliefen, und zeigte automatisch auf einen älteren Herrn in schwarzem Rollkragenpullover und Jeans, der in Begleitung einer silikonverstärkten Blondine an seinem Cocktail schlürfte. „Unglaublich! Dennis Quaid!“, rief ich und zeigte mit dem Finger auf den einen Meter vor mir Stehenden.
Als ich mich lachend zu meinen Freunden umdrehte (denn der Kerl hatte definitiv ähnlichkeit mit Mr. Quaid), musste ich zu meiner Enttäuschung feststellen, dass mein Kommentar nicht mal für ein kurzes Gackern gereicht hatte. Schweigend sahen sie mich an. Empfanden sie es als Unverfrorenheit, den Witz eines anderen zu wiederholen, um einen – wenn auch nur kurzen – Lacher abzugreifen? Oder weigerten sie sich, die eindeutige Gesichtsverwandtschaft der beiden anzuerkennen? Wollten sie mich gar ausschließen aus ihrem verschworenen Witzezirkel?
Während ich noch grübelte, war Mr. Quaid so freundlich, seinen Namen auf eine Serviette zu kritzeln, um seinen vermeintlichen Fan schnell loszuwerden. Endlich hatte ich meinen Lacher – wenn auch unfreiwillig. Den Rest des Abends verbrachten wir mit der Frage, aus welchem Film wir eigentlich Dennis Quaid kennen. Über Antworten würde ich mich freuen. JURI STERNBURG