vorlauf kunst Brigitte Werneburg schaut sich in den Galerien von Berlin um

Das dürfte eine Szene sein, die für postsozialistische Länder inzwischen paradigmatisch ist: Der Architekt steht an einem zwar unbehausten, aber landschaftlich schönen Ort und deutet mit großer Geste ins Ungefähre. Dazu glaubt man ihn sagen zu hören: „Und da könnte man doch ein paar herrliche Villen hinbauen.“ Zum Beispiel oben auf der Steilklippe der Stadt Aktau am Kaspischen Meer. Birgit Schlieps hat die Szene in einem Aquarell festgehalten. Mit zwei weiteren Zeichnungen (vom Planungsteam der 70er-Jahre und Nomaden beim Ausschenken der Kamelmilch), einem Tischmodell, einem Kuppelzelt und und einem 25-minütigen Video ist es Teil ihrer Ausstellung in der plattform. „Zwischenidealenwelten“ untersucht den modernen funktionalen Städtebau am Beispiel der ehemaligen sowjetischen Modellstadt. Die unterschiedlichen medialen Ebenen, die Schlieps in ihrer Ausstellung nutzt, erlauben es ihr, vom dokumentarisch angelegten Video oder der sinnlich wahrnehmbaren Geste des Entwerfers bis zu deren Abstraktion im Plan und weiter zur Verfremdung des Plans im Kunstobjekt, eine ganze Reihe künstlerischer Ansätze durchzuspielen, die eine solche Untersuchung tragen können. Dabei gelingt es ihr, den topografischen, ökonomischen, sozialen und kulturellen Beginn der Stadt in ihrem Niedergang transparent zu machen: „ Und diese Stadt, das war eine großartige Idee. Nichts gab es hier am Anfang, es war eine einzige Wüste“ (Chefplaner Michail Illitsch Lewin). Die Villen sind übrigens für die Ölleute gedacht, auf die die Stadt im unabhängigen Kasachstan nun hofft, nachdem der schnelle Brüter, der das Plutonium für das Atomwaffenprogramm der UdSSR lieferte, stillgelegt wurde.