: Erfindergeist ist in Berlin ein knappes Gut
Über Patentagenturen sollen sich Unis künftig selbst tragen. Der Ideenhandel aber kommt nicht so recht in Schwung
Dachte sich ein Professor früher etwas Neues, Schlaues aus, konnte er mit ein wenig Glück und unternehmerischem Geschick richtig reich werden. Seine Universität allerdings ging leer aus. Die hatte zwar die Forschung mit öffentlichen Geldern finanziert, am wirtschaftlichen Gewinn der Idee hatte sie aber nicht teil. Hatte! Mit der Abschaffung des Hochschullehrerprivilegs vor einem knappen Jahr hat sich die Situation radikal geändert.
Seitdem liegt das geistige Eigentum der Erfindungen bei den Universitäten, und die müssen die Ideen über eine Patentverwertungsagentur (PVA) indirekt vermarkten. Diese trägt das finanzielle Risiko und streicht auch ein Teil der Gewinne ein. Nur ein Drittel der Linzenzeinnahmen stehen dem Erfinder noch zu, mehr nicht.
In Berlin heißt die PVA, die für die Hochschulen die Patente anmeldet, ipal GmbH. Sie beschäftigt derzeit zwölf Mitarbeiter, gegründet wurde sie im Oktober 2001 von der Investitionsbank Berlin (IBB) und den Berliner Universitäten. Die ipal bewertet, ob sich eine Erfindung zur Patentanmeldung eignet, und kümmert sich um den Schutz der Idee. Politisches Ziel ist es, die Universitäten mittelfristig finanziell mehr auf eigene Füße zu stellen und so öffentliche Gelder einzusparen.
So richtig rund läuft der Ideenhandel in Berlin allerdings noch nicht. Im vergangenen Jahr meldete die ipal 58 Ideen zur Patentierung an – mit einer mageren Ausbeute: Nur eine Erfindung wurde lizensiert. Die ipal gibt dafür dem Patentamt die Schuld. Dort brauche man zwischen einem und drei Jahren um ein Patent zu erteilen, klagt das Unternehmen.
Die Idee, Patente professionell zu Geld zu machen, stammt aus den USA. Dort wird am Massachusetts Institute of Technology (MIT) der Universität Cambridge seit 20 Jahren die Gründung von Start-up-Unternehmen direkt aus der Uni heraus gefördert. In einem Jahr entstehen so rund zwei Dutzend neuer Firmen. Stephen F. Brown, zuständig für die Lizensierung neuer Technologien am MIT, sieht darin auch einen bedeutenden volkswirtschaftlichen Effekt. „Die Start-ups ziehen andere Firmen und gute Leute an.“ Ein gut gemachter Ideentransfer werte so die ganze Region auf. Besonders wichtig sei der Vorteil, das sich die Gründer mit Misserfolgen nicht gleichzeitig finanziell ruinieren. „Bei manchen Lizenzierungen hat es beim ersten und zweiten Mal nicht geklappt“, beschreibt Brown die Situation am MIT, „der dritte Versuch war dann erfolgreich.“
Auf den Nutzen für die Volkswirtschaft setzt auch Volkmar Strauch, Staatssekretär in der Senatsverwaltung für Wirtschaft. Es gehe darum, junge und kreative Menschen in Berlin zu halten, diese „sind ein knappes Gut“, sagte Strauch. „Sie sollen nicht nur hier studieren, sondern später auch hier arbeiten und weitere Arbeitsplätze schaffen.“
Auf der Seite des Bundes dämpft man indes die hohen Erwartungen. Klaus Weber, Experte für Patente im Forschungsministerium, sagte: „Um zu werden wie das MIT, müssen wir noch viel tun.“ Auch die weitere Finanzierung der ipal sei ein schwieriger Punkt. Er unterstrich, dass die Zuschüsse des Bundes für die PVAs Ende 2003 auslaufen werden.
Diese Sorge teilt die ipal nicht. „Die IBB wird mindestens die nächsten zehn Jahre weiterzahlen“, sagte ipal-Chef Christian Kilger. Auch habe die IBB als mehrheitlicher Eigner der ipal mehrere Millionen Euro als „stille Beteiligung“ zugesagt, sagte ipal-Sprecher Lars Zansig gestern der taz. Ulrich Peter, Bereichsleiter für Wirtschaftsförderung bei der IBB, bemühte sich, Zweifel an der finanziellen Situatuion der ipal zu zerstreuen: „Die Hälfte des Weges ist geschafft, wir stehen nicht schlecht da.“ CHRISTOPH TITZ