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Archiv-Artikel

Fragen kostet ja nix

Weil ihr das Kartellamt die Übernahme der „Berliner Zeitung“ untersagte, hofft die Verlagsgruppe Holtzbrinck nun auf eine Genehmigung durch Minister Wolfgang Clement – er wird sie kaum geben

Von STG

Es ist so weit: Wie erwartet hat die Verlagsgruppe Holtzbrinck am Montagnachmittag eine Sondererlaubnis beantragt, um die Berliner Zeitung und den Berliner Verlag trotz eines Kartellamtsverbots übernehmen zu können.

Die Behörde begründete das Verbot mit einer drohenden marktbeherrschenden Stellung in der Hauptstadt. Holtzbrinck besitzt in Berlin bereits den Tagesspiegel und hätte mit der Berliner Zeitung dann zwei der drei großen Abo-Blätter in der Hand.

Der Konzern konterte die amtliche Argumentation mit der Behauptung, nun stünde das Schicksal beider Titel auf dem Spiel. Tatsache ist: Tagesspiegel und Berliner Zeitung haben sich in der Vergangenheit einen verschwenderischen Wettbewerb um das Image als „Hauptstadtzeitung“ geleistet und ins überregionale Marktsegment aufzurücken versucht. Während die bisher defizitäre Berliner Zeitung zwar nach eigenen Angaben wieder mit ausgeglichenem Ergebnis arbeitet, aber weiterhin an Abonnentenschwund in ihrer Stammleserschaft im Berliner Osten leidet, schreibt der Tagesspiegel bei leicht steigender Auflage souverän rote Zahlen.

Dass nun Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) eine Fusion durchwinkt, die Signalwirkung für die von vielen Verlegern geforderten Abstriche bei der Konzentrationskontrolle hätte, gilt unter Experten als unwahrscheinlich: Wo lägen die für eine Ministererlaubnis nötigen „überwiegenden Gründe der Gesamtwirtschaft und des Gemeinwohls“, wie es im Gesetz heißt? Eine ernsthafte Gefahr für den Bestand beider Blätter existiert ebenfalls nicht. Und als möglicher neuer Käufer der Berliner Zeitung hat sich die Südwestdeutsche Medienholding aus Stuttgart ins Gespräch gebracht.

Clement will bis Mai über den Holtzbrinck-Antrag entscheiden. Die Gemengelage aus Verlagsinteressen und publizistischer Verantwortung kennt er bestens: Zu Zeiten der großen Expanison des WAZ-Konzerns, der bis heute Kartellamtsauflagen oft trickreich zu umgehen weiß, war der Minister stellvertretender Chefredakteur der Westfälischen Rundschau in Dortmund. Sie wurde 1974 mehrheitlich von der WAZ geschluckt – damals noch ganz ohne Kartellverfahren. STG